Karl Marx als Welterklärer
Karl Marx — der deutsche Prophet (ZDF, Mi., 20.15
Uhr) - Die Maske hat ganze Arbeit geleistet: Mario Adorf kommt in diesem Doku-Drama mit Rauschebart und grauer Mähne wie ein Abziehbild von Karl Marx daher. Zu erkennen ist er nur an seiner markanten Stimme. Das ist wohl die größte Überraschung dieser ZDF-Produktion zum 200. Geburtstag des deutschen Philosophen. Denn zu einem guten Teil besteht sie aus wiederverwertetem Material der Serie „Die Deutschen“von 2014. Mit dem Unterschied allerdings, dass der Zuschauer damals nicht die permanenten Zeitsprünge verkraften musste wie in diesem neuen Aufguss von Regisseur Christian Twente. Denn er bediente sich einfach der Spielszenen und historischen Ausschnitte aus dem Beitrag von 2014, um mit den neuen Sequenzen ein auf Spielfilmlänge gedehntes Porträt zusammenzupuzzeln. Hauptanliegen war, Marx mehr als Welterklärer und Familienmensch darzustellen denn als Schreckgespenst. Als Erzählerin bringt die jüngste Tochter Eleonore (Sarah Hostettler) das Geschehen voran. Immerhin beleuchten die Ausführungen der Biografen und Wirtschaftler das Denken und Handeln eines visionären, aber auch widersprüchlichen Menschen, dessen fundamentales Werk „Das Kapital“vermutlich mehr missbraucht als tatsächlich gelesen wurde. Sein Bekenntnis klingt nach: „Alles was ich weiß: ich bin kein Marxist“.