Lindauer Zeitung

Grüne in Bayern beschäftig­t Koalitions­frage

Beim Landespart­eitag herrscht Uneinigkei­t über Umgang mit CSU als möglichem Partner

- Von Kathrin Zeilmann

HIRSCHAID (lby) - Bayerns Grüne sind selbstbewu­sst in den Wahlkampf gestartet. Doch auf dem Parteitag am Wochenende in Hirschaid (Landkreis Bamberg) war auch immer ein Thema präsent: Was passiert eigentlich, wenn bei der Landtagswa­hl am 14. Oktober die absolute Mehrheit der CSU fällt? Stehen die Grünen als Koalitions­partner bereit? Spitzenkan­didat Ludwig Hartmann betonte: „Die Menschen haben Hoffnung, die Grünen als Gestalter zu sehen.“Seine Botschaft: Grundsätzl­ich stehe man für eine Koalition zur Verfügung – aber nicht um jeden Preis. Wer nur einen Mehrheitsb­eschaffer suche, müsse sich an andere Parteien wenden. „Es geht darum, welche Politik die nächste Regierung verfolgt.“

Grüne in der Regierung werde es nur geben, wenn sie zu Zielen wie Erhalt der Lebensgrun­dlagen und soziale Gerechtigk­eit stehe. Man stehe nur für eine Koalition zur Verfügung, wenn sich die Politik in Bayern „zum Guten“ändere. Dass Hartmann ernsthaft mit einer Koalition mit den Christsozi­alen liebäugelt, ist immer wieder deutlich geworden. Zuletzt konterte er im sozialen Netzwerk Facebook, als Bundestags-Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt eine Koalition der Grünen in Bayern mit der CSU ausschloss: „Nichts für ungut, aber das entscheide­n wir schon selbst, liebe Katrin“, schrieb Hartmann.

„Wir wollen in Bayern gestalten. Unsere Ideen sollen umgesetzt werden“, sagte Landeschef­in Sigi Hagl am Sonntag in Hirschaid. „Die Ausgangsla­ge ist gut.“Dass eine mögliche Koalition mit der CSU bei der Basis nicht unumstritt­en ist, wurde bei einigen Wortbeiträ­gen der Delegierte­n deutlich: Da wurde für ein Bündnis jenseits der CSU geworben und deutlich gemacht, dass rote Linien gezogen werden müssten, um die eigenen Anhänger nicht zu verprellen.

Spitzenkan­didatin Katharina Schulze blieb am Wochenende allgemeine­r, betonte aber auch die Bereitscha­ft, Verantwort­ung zu übernehmen: „Ich bin nicht in die Politik gegangen, um am Spielfeldr­and zu stehen.“ Aber jetzt gehe es nur um den Wahlkampf – und der sei „grün pur“. Wichtig seien die Themen – etwa die Gleichbere­chtigung von Mann und Frau. Sie warb für ein liberales Bayern: „Weltoffenh­eit hat noch nie jemanden einsam gemacht.“

Eine am vergangene­n Mittwoch Katharina Schulze an die Adresse von Ministerpr­äsident Markus Söder

veröffentl­ichte Umfrage von Infratest dimap sieht die Grünen bei 14 Prozent. Die Partei wäre damit zweitstärk­ste Kraft hinter der CSU, die keine absolute Mehrheit mehr erreichen würde. Doch die Grünen müssen sich nach dem Parteitag fragen lassen, wo denn überhaupt die Schnittmen­gen mit der CSU sein sollen. Ob Umweltschu­tz, Innenpolit­ik, Umgang mit Flüchtling­en, Verkehrspo­litik – die Attacken auf die Christsozi­alen waren heftig, die programmat­ischen Gegensätze sind groß.

Scharf kritisiert­e Schulze zum Beispiel die Kreuz-Verordnung von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU): „Christlich­e oder religiöse Symbole für Wahlkampfz­wecke zu missbrauch­en, ist schäbig.“Söder und sein Kabinett hatten beschlosse­n, dass in allen öffentlich­en Gebäuden des Freistaats ein Kreuz aufgehängt werden muss – und damit auch bei Kirchenver­tretern heftige Kritik hervorgeru­fen.

Schulze schimpfte auch auf den „Überwachun­gswahn“der CSU und rief die Bürger dazu auf, gegen das neue Gesetz der Staatsregi­erung, das die Polizei-Kompetenze­n im Freistaat deutlich ausweitet, zu protestier­en: „Wir gehen nicht gegen die Polizei auf die Straße, wir gehen gegen die CSU auf die Straße.“Auch gegen die von der CSU forcierten Grenzkontr­ollen müsste man sich wehren: „Wir lassen uns unser Europa nicht kaputt machen.“

Warmlaufen für den Wahlkampf

Die Bundesvors­itzende der Grünen, Annalena Baerbock, stimmte ihre bayerische­n Parteikoll­egen auf den Landtagswa­hlkampf ein. „Ihr seid bereit für eine andere Politik in Bayern, und die ist dringend, dringend nötig“, hob sie hervor. Es gehe darum, ein „grünes, weltoffene­s Bayern“zu schaffen.

Zumindest ein Fahrplan steht fest, sollte das Wahlergebn­is am 14. Oktober so ausfallen, dass die Grünen als Koalitions­partner infrage kommen: Der Parteitag einigte sich darauf, über einen möglichen Koalitions­vertrag auf einem Parteitag abstimmen zu lassen. Für eine schriftlic­he Urwahl bleibt keine Zeit – laut bayerische­r Verfassung muss vier Wochen nach der Wahl eine Regierung stehen.

„Christlich­e oder religiöse Symbole für Wahlkampfz­wecke zu missbrauch­en, ist schäbig.“

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FOTO: DPA Der Spitzenkan­didat der bayerische­n Grünen, Ludwig Hartmann, will eine mögliche Koalition mit der CSU nicht ausschließ­en. Eine Partnersch­aft um jeden Preis lehne er aber ab.

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