Kritik an Söders „Hofstaat“
Freie Wähler sehen Gewaltenteilung in Bayern in Gefahr
MÜNCHEN. So viele waren es nie: Gleich sieben Beauftragte hat die bayerische CSU-Staatsregierung in letzter Zeit eingesetzt. Durchweg CSU-Landtagsabgeordnete sollen sich um Themen von Bürokratieabbau bis Patientenrechte kümmern. Und Ex-Kultusminster Ludwig Spaenle, ebenfalls CSU, wird Antisemitismus-Beauftragter (siehe oben). Den Freien Wählern im bayerischen Landtag ist der „Hofstaat“von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) suspekt. Sie wollen jetzt vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) überprüfen lassen, ob die „Staatssekretäre light“mit der Landesverfassung vereinbar sind.
In der bayerischen Verfassung (BV) ist festgelegt, dass die Zahl der Mitglieder des Landeskabinetts einschließlich Ministerpräsident 18 nicht überschreiten darf. Die sieben CSU-„Beauftragte der Staatsregierung“säßen zwar nicht am Kabinettstisch, seien aber auch keine unabhängigen Parlamentarier mehr, deren Auftrag es ist, die Exekutive zu kontrollieren, führte der Freie Wähler-Abgeordnete und Verfassungsjurist Michael Piazolo am Dienstag in München aus. Rechne man die sieben CSU-Abgeordneten, die gleichzeitig Regierungsbeauftragte sind, zu den 17 CSU-Parlamentariern hinzu, die dem Kabinett Söder angehören, dann sei knapp ein Viertel der CSU-Landtagsfraktion direkt oder indirekt mit der Regierung verbunden. Laut Piazolo wird so „die Gewaltenteilung systematisch ausgehöhlt“.
Söders Beauftragten-Inflation kollidiert nach Ansicht Piazolos aus mehreren Gründen mit der Verfassung. So werde die Vorschrift des Artikel 43 umgangen, welche die Höchstzahl der Kabinettsmitglieder festlegt. Zudem seien die Abgeordneten mit „Doppelfunktion“in der Freiheit ihres Mandats eingeschränkt. Als weiteres Argument führt der FW-Politiker einen gravierenden Verstoß gegen den verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz ins Feld. Nirgendwo seien Funktion und Aufgaben der Beauftragten der Staatsregierung gesetzlich codiert. Ihre Existenz werde allein von der Organisationsgewalt des Ministerpräsidenten hergeleitet. Wenn man dies durchgehen lasse, könnte Söder theoretisch die komplette restliche CSU-Landtagsfraktion zu seinen „Beauftragten“ernennen.