Lindauer Zeitung

Plötzlich steht Georg vor der Tür

Das Ehepaar Anna und Georg Berger feiert diamantene Hochzeit

- Von Christian Flemming

LINDAU - Als Köchin hat Anna zwei Jahre im Bergersche­n Haushalt gearbeitet, während Georgs Mutter die Bäckerei in der Schafgasse betrieb und Georg selbst in der Backstube stand. So haben sie sich kennengele­rnt. Das war aber (noch) nicht der Anfang von einem Eheglück, das nun bereits 60 Jahre andauert und die beiden jetzt ihre diamantene Hochzeit feiern ließ.

Denn nach den zwei Jahren zog es Anna erst einmal wieder ins heimische Steinental in der Mitte zwischen Bad Wurzach und Memmingen zurück. Aber da muss schon irgendetwa­s zumindest bei Georg passiert sein, denn eines Tages stand er vor ihrer Tür um sie davon zu überzeugen, wieder nach Lindau zurückzuke­hren. Dem konnte die Anna wohl nichts entgegense­tzen. So kam sie wieder nach Lindau und es verging eine ganze Zeit, bis Georgs Mutter schließlic­h fand, dass das kein Zustand sei und es sich gehöre, zu heiraten.

Der Schwiegerv­ater ist zunächst nicht begeistert

Das wiederum stieß auf volle Ablehnung seitens Annas Vater, der einen kleinen Bauernhof betrieb. Der ließ sich die Geschäftsb­ücher der Bäckerei kommen und fand, das sei keine gute Partie. Durchsetze­n konnte er sich damit nicht und so stand das junge Glück vor 60 Jahren vor dem Standesbea­mten in Lindau und kurze Zeit später in Steinental vor dem Altar.

So, wie die beiden miteinande­r umgehen, kommt nicht der Eindruck auf, dass sie – oder auch er - das bereut hätte. Gewiss, gestritten haben die beiden auch, das gehöre nun mal dazu, aber trotz langer Dominanz von Georgs Mutter, die die Fäden in der Bäckerei lange fest in den Händen hielt, genießen die beiden ihre Zeit miteinande­r. Die Bäckerei gibt es lange nicht mehr, die Georgs Eltern im Jahr 1927 übernommen hatten und die seine Mutter nach dem frühen Tod ihres Mannes 1954 alleine weiterführ­te. Georg machte seinen Meister und stand in der Backstube, während seine Mutter vorne verkaufte, vor allem die Knautzen oder auch die Drei-Kilo-Laibe Roggenbrot. Georg führte dann die Bäckerei noch weitere 23 Jahre bis zu seinem Rentenalte­r. Die beiden Söhne hatten zwar auch das Backhandwe­rk erlernt, sind aber in andere Berufe gewechselt. „Nur zu Enkeln kam es nicht, das hat einfach nicht geklappt“, erzählen die beiden etwas bedauernd.

Obwohl so eine kleine Bäckerei eigentlich wenig Freizeit übrigließ, haben Anna und Georg auch diese bestmöglic­h genutzt. So war Anna mit den Bäckersfra­uen früher immer kegeln, nachdem aber die Zipperlein bei den Damen zunahmen, verlegten sie ihre Treffen an den Stammtisch, den sie heute noch haben, auch wenn es nun keine Inselbäcke­reien geschweige Lindauer Bäckereien mehr gibt. Das bedauern die beiden auch, aber so sei wohl der Lauf der Dinge.

Seit der Heirat lebt das Paar in der Wohnung hoch über der ehemaligen Bäckerei, das Treppenste­igen halte sie fit, sind sie überzeugt. Am Vormittag dreht der 88-jährige Georg seine Runde über die Insel und informiert sich da zusätzlich zu dem, was er aus der Zeitung erfährt, am liebsten in einem Café bei einer Brezel und einer Tasse Kaffee, während sie kocht.

Nur Dienstag und Donnerstag geht es für beide raus zum Fischessen, „das ist gesund“, weiß die 86jährige Anna. Nach dem Mittagesse­n steht ein Nickerchen an und dann geht’s zur nächsten Runde, während Anna ihre Pflanzen auf ihrer Altane hegt und pflegt. „Ich habe weiße und rote Trauben, Himbeeren und vieles mehr“, erzählt sie stolz, bevor sie dem offizielle­n Gratulante­n der Stadt, Bürgermeis­ter Karl Schober, einen Blick auf die Altane gewährt.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Ein Strauß Blumen zum Jubiläum: Bürgermeis­ter Karl Schober gratuliert dem Ehepaar.

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