„Alice“im Wunderland des Tanzes
Die Kinder des Tanzhauses begeistern im Stadttheater mit einem temporeichen Traum
LINDAU - Wenn das Tanzhaus zu seiner jährlichen Aufführung einlädt kommen viele – das Stadttheater ist also auch an diesem hochsommerlichen Sonntagnachmittag gut besucht, an der Kasse fragen sogar einige Leute besorgt, ob es denn noch Karten gebe.
Der Titel verrät es schon: „Tanzhaus goes Wonderland“ist eine getanzte Version des Märchens „Alice im Wunderland“des britischen Schriftstellers Lewis Carroll. Verträumt und leise beginnt das Spiel in einem Blumengarten mit riesigen Schmetterlingen. Alice träumt sich ins Wunderland und erlebt dort unvorstellbare, äußerst merkwürdige Dinge. Weil dieser Klassiker der Kinderliteratur sowieso jedem bekannt ist, findet diese Aufführung des Tanzhauses tatsächlich komplett wortlos statt: keine Begrüßung, keine Verabschiedung – der Fokus liegt allein und völlig auf der bezaubernden Darbietung der jungen und ganz jungen Akteure auf der Bühne des Stadttheaters, auf der Wunder um Wunder vorüberziehen.
Alle Kurse und Klassen des Tanzhauses haben ihren großen Auftritt: Die allerkleinsten Tänzerinnen und Tänzer, die unglaublich süß lächelnd und in regelmäßigen Abständen als eigentlich schlecht gelaunte Raupe über die Bühne marschieren. Die coolen Hip-Hop-Jungs, die Breakdancer, und die federleichten Ballerinen, die MTV Moves- und die Modern Jazz-Tänzerinnen.
Sie erzählen, in einer turbulenten und temporeichen, leuchtendbunten, bildgewaltigen und musikalisch dramatischen Choreografie, in die raffiniert alle Tanzstile und die ganze Ausdrucksvielfalt eingeflochten sind, die im Tanzhaus gelebt werden.
Respekt vor so viel Fleiß
So schön, dass den Eltern, die in den roten Theatersesseln sitzen, das Herz ganz einfach weit aufgehen muss, und sich eigentlich jeder fragt, wie viel Zeit und Fleiß sowohl die Kinder und Jugendlichen, als auch die Tanz- und Bewegungspädagogen um Anne Thaeter in diese 80 Minuten pausenlose Aufführung investiert haben. Hut ab, das verdient Respekt.
Die Titelheldin ist gleich mehrmals vorhanden. Die fiese und unheimliche Grinsekatze, die sich einfach in Luft auflöst gibt es genauso wie das murmelnde Kaninchen, dem Alice folgt. Sie erlebt Wunder und Versuchungen, verdrehte Uhren und viel Unsinn, sie wird angefeindet und steht vor verschlossenen Türen. Findet den Schlüssel, mal wächst sie und mal schrumpft sie durch ein Getränk. Da ist die verrückte Teegesellschaft mit dem verrückten Hutmacher und dem Märzhasen. Die Welt ist auf den Kopf gestellt. Fantastische Wesen leuchten in Pink und Grün und Violett, exzentrische Charaktere wirbeln atemlos umeinander herum, und auch die an die Bühnenwand gebeamte Szenerie wächst und schrumpft. Bis der Spuk verschwindet wie ein Traum und sich alle rund 150 Tänzerinnen und Tänzer zum Schlussbild auf der Bühne versammeln und sich der rote Vorhang unter viel Applaus schließt.