Vermesser der Gewässer tagen in Lindau
Hydrographen tauschen sich in der Inselhalle über neue Technologien und Entwicklungen in der Forschung aus
LINDAU - Wenn es ums Wasser geht, sind Hydrographen nicht weit. Die Vermesser von Gewässern helfen Schifffahrtswege zu sichern, Überschwemmungen vorzubeugen, OffShore-Windkraftanlagen zu bauen oder Wracks zu suchen. Jetzt tagen sie in der Inselhalle, direkt am See.
Falk Richter lässt ein Boot zu Wasser. Eigentlich sieht es mehr aus wie ein kleines Surfboard mit Computer und Antenne oben drauf. Per Fernsteuerung lenkt er das Boot über den Kleinen See vor der Lindauer Insel. Sofort sendet es Signale an den Computer, den sein Kollege Boris Schulze bedient. Die Koordinaten werden per GPS ermittelt und weitergeleitet, sodass die Männer exakt wissen, wo sich das Boot befindet. Gleichzeitig misst das etwa 30 000 Euro teure Gefährt mit einem Sensor die Strömungen im See und erstellt dazu eine Karte in 3D.
Dadurch kann man zum Beispiel Hochwasser überprüfen und messen, ob ein Gewässer anschwillt oder nicht“, sagt Boris Schulze. Richter und Schulze sind gekommen, um ihre Technologie vor den Fachleuten in der Inselhalle zu präsentieren – da ist es praktisch, dass der Kleine See direkt an die Inselhalle angrenzt.
Die Fachleute sind rund 130 Hydrographen: Wissenschaftler, die Gewässer beschreiben und kartographieren. Sie messen Wassertiefen, Strömungen, den Salzgehalt oder den Zustand des Wassers. Dazu nutzen sie Schiffe, Flugzeuge oder andere Messplattformen, um mit GPS, hochempfindlicher Sonartechnik, Satelliten-Fernerkundung und anderen Messverfahren die Welt unter Wasser zu erfassen.
An der dreitägigen Tagung in der Inselhalle nehmen sie teil, um Fachvorträge anzuhören, neue Technologien kennenzulernen und zu netzwerken. Die Deutsche Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement und die Deutsche Hydrographische Gesellschaft veranstalten die Tagung gemeinsam.
„Eigentlich sind Hydrographen immer die Personen der ersten Stunde“, sagt Holger Klindt von der Deutschen Hydrographischen Gesellschaft. „Wenn ich zum Beispiel ein Bauwerk hier im Bodensee errichten wollen würde, dann müsste ich die Strömungen und die Dichte des Seebodens kennen.“Diese Infos ermitteln Hydrographen.
Hydrographen brauchen dringend Nachwuchs
„Mit der Tagung wollen wir vor allem den Nachwuchs ansprechen“, sagt Holger Klindt, „wir sind eine kleine Disziplin mit starker Konkurrenz.“Deswegen haben interessierte Schüler und Studierende freien Zugang zur Ausstellung im Foyer.
Da die meisten Hydrographen an der Küste tätig seien, sei eine Tagung am Binnengewässer Bodensee etwas Besonderes, sagt Thomas Dehling von der Deutschen Hydrographischen Gesellschaft. Auf diesem Weg könnten sich Wissenschaftler aus der Küstenregion und dem Binnenland austauschen. „Von Lindau soll ein Impuls ausgehen, die Binnenarbeit zu stärken.“Der Bodensee selbst ist im Jahr 2013 durch Hydrographen vermessen worden. Die Wissenschaftler haben dazu Fächer-Echolot und Lasertechnik verwendet. Die Daten würden zum Teil noch ausgewertet, sagt Dehling.
Unbemannte Techniken sind der neue Trend
Die neuen Trends für die Hydrographen, das wird bei der Tagung klar, sind vor allem unbemannte Messsysteme, die selbstständig arbeiten. Dazu werden den Booten die Fahrtwege vorher einprogrammiert. So kann ein Boot ganz allein ein ganzes Gewässer vermessen. „In Zukunft wird es vielleicht sogar autonome Seeschiffe geben, die selbstständig von Hafen A nach Hafen B fahren“, sagt Holger Klindt.
Aber nicht nur für Fachwissenschaftler seien die neuen Technologien interessant. Boris Schulze und Falk Richter sagen, als sie ihr Boot wieder aus dem Wasser holen, dass sie auch für die Feuerwehr beispielsweise interessant seien. Die könne damit im Wasser nach Vermissten oder Autowracks suchen. Das sei deutlich schneller als der Einsatz von Personen.