Außenseiter
Lange galt es als unmöglich, dass Gustavo Petro so weit kommen würde, in die Stichwahl um das kolumbianische Präsidentenamt. Am Sonntag wählen die Einwohner Kolumbiens ihr Staatsoberhaupt. Ein Linker, ein Ex-Rebell. Ein Politiker, der als Bürgermeister der Hauptstadt Bogotá nicht den besten Job gemacht hat, dem man nachsagt arrogant zu sein. Aber nun steht der 58 Jahre alte Petro einen Schritt vor dem Höhepunkt seiner politischen Karriere. Begonnen hatte er die einst als Kämpfer der schon lange aufgelösten Guerilla M-19 mit dem Decknamen „Aureliano". Petro, der aus dem Department Córdoba an der Karibikküstestammt, verbrachte zwei Jahre im Gefängnis wegen unerlaubten Waffenbesitzes und ging danach in den Untergrund. Später schwor er dem bewaffneten Kampf ab, ging in die Politik. Anfang der 1990er Jahre zog der studierte Ökonom in die Abgeordnetenkammer ein und verbrachte anschließend einige Jahre als Diplomat an der Botschaft Kolumbiens in Belgien, nachdem er Morddrohungen erhalten hatte. 2006 wurde er in den kolumbianischen Senat, 2011 zum Bürgermeister von Bogotá gewählt. Im Jahre 2015 wurde er allerdings wegen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Amtes enthoben.
Als Präsident will der Kandidat der Partei „Colombia humana“an dem Friedensabkommen mit den FARC-Rebellen festhalten und dieses rasch umsetzen. Zudem will er die soziale Ungleichheit bekämpfen. Er will Kolumbien zu einer „vielfarbigen Demokratie“führen, wie er sagt. Im Wahlkampf haben ihn seine Gegner in die Nähe von Nicolás Maduro gerückt – des Staatschefs von Venezuela, der sein Land in den wirtschaftlichen Abgrund geführt hat. Petro hat diese Vorwürfe immer zurückgewiesen und sich zwischen erstem und zweitem Wahlgang deutlich in die Mitte bewegt. Trotzdem bleibt er klarer Außenseiter bei der Wahl am Sonntag. Klaus Ehringfeld