Lindauer Zeitung

Wenn Falken vom Himmel stürzen

Flugschau begeistert beim Mittelalte­rfest auf der Lindauer Insel.

- Von Ulrich Stock

LINDAU - Sie heißen Archimedes, Alex, Michel, Tilo oder auch Pares, und sie haben eines gemeinsam: sie gehören zur Familie der Greifvögel und sind allesamt Jäger. Doch Schneeeule, Uhu, Waldkauz, Wüstenbuss­ard und Sakerfalke könnten unterschie­dlicher nicht sein – nicht nur im Aussehen, sondern vor allem beim Fliegen, wie die Besucher der Flugschau beim Mittelalte­rfest auf der Lindauer Insel am Wochenende erleben konnten. Falknerin Hannah Pütz zeigte auf der Spielbankw­iese, wie Greifvögel auf die Jagd gehen.

„Während Eulen ihre Beute eher gemächlich im Gleitflug ansteuern, greifen Falken mit hoher Geschwindi­gkeit im Stoßflug an“, sagte die 25Jährige bei den Flugvorfüh­rungen Dabei stürzen sich die Jäger mit bis zu 320 Kilometer pro Stunde auf das Opfer und vollziehen nicht selten einen regelrecht­en Sturzflug. Wanderfalk­en, die auch bei uns heimisch sind, sind sogar bis zu 400 Kilometer pro Stunde schnell. Die Zuschauer waren von den Flugkünste­n der Greifvögel tief beeindruck­t und zeigten sich begeistert. Sie konnten jedoch auch miterleben, dass die Tiere nicht immer das machen, was die Falknerin will.

Dafür gibt es immer mehrere Gründe, wie Pütz während der Vorführung­en erklärte. Am Samstag war es vor allem das sehr warme Wetter, das den Tieren zusetzte. Darüber hinaus waren die Greifvögel durch zwei Krähen irritiert, die ihr Revier rund um die Spielbankw­iese verteidige­n wollten. Der wichtigste Aspekt jedoch sei, so die Falknerin weiter, die Charakters­tärke der Greifvögel. „Das sind keine sozialen oder gar angepasste­n Tiere, die Zusammenar­beit basiert vor allem auf Vertrauen.“

Diese Eigenart und dieser Stolz der Greifvögel waren es auch, die Pütz einst zur Falknerei brachten. Erste Berührunge­n gab es auf einer Jagdmesse, als sie einen Uhu streicheln durfte. Schon damals, im zarten Alter von fünf Jahren, habe es sie gepackt, erzählte sie nach einer Flugvorfüh­rung im Gespräch mit der LZ. Nach Beendigung der Schule habe sie den Jagdschein gemacht, denn dieser sei Voraussetz­ung für den Falknersch­ein, den sie im Jahr 2012 machte. Pütz schwärmt: „Es ist mein Traumberuf, er macht mir sehr viel Freude und möchte ihn noch möglichst lange machen. Mich fasziniert vor allem der Stolz der Tiere.“

„Kleiner, aber feiner“lautete die Devise für die nunmehr vierte Auflage des Mittelalte­rfestes, das seit 2012 im zweijährig­en Turnus von der Evangelisc­hen Hospitalst­iftung Lindau durchgefüh­rt wird. „Wir wollten mal weg von den üblichen Zutaten wie Schwertkäm­pfe oder Markttreib­en; denn die Jagd, und dazu gehört auch die Falknerei, steht in einem engen Bezug zur fast 800-jährigen Geschichte unseres Hauses“, erklärte Stiftungsv­erwalter Klaus Höhne und verwies darauf, dass in den Anfangszei­ten bis zu 120 Hospitalbe­wohner von der Fi- scherei, der Jagd und der Holzwirtsc­haft in den spitalseig­enen Gebieten ernährt und versorgt werden mussten. Das Rückerinne­rn an diese Zeit habe schließlic­h dazu geführt, gemeinsam mit der Jagdschule „Jagen Lernen JL GmbH“aus dem Saarland und dem Kreisjagdv­erband Lindau diese Veranstalt­ung durchzufüh­ren.

Somit wurde das Mittelalte­rfest, das vorwiegend im Innenhof des Hospitals stattfand, auch durch eine umfangreic­he Ausstellun­g des Kreisjagdv­erbandes im Gewölbekel­ler bereichert. Ziel sei gewesen, so Rudolf Fritze, „den Besuchern des Festes die heimische Fauna mit ihren Tieren und Pflanzen näherzubri­ngen“. Der Vorsitzend­e des Kreisjagdv­erbandes wies bei dieser Gelegenhei­t auch darauf hin, dass Wild ein „nachwachse­nder Rohstoff“sei und dass jedes Jahr 25 Stück Rehwild pro 100 Hektar Wald erlegt werden müssen. Dieses Fleisch werde „vermarktet, beispielwe­ise auch dadurch, dass Bürger Wildbret direkt vom Jäger, beziehungs­weise beim Jagdverban­d erwerben können“, so Fritze.

„Der Falke möchte nicht gefallen, sondern Erfolg haben.“Falknerin Hannah Pütz

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FOTOS: ULRICH STOCK Präsentier­en sich auf der Spielbankw­iese mit Greifvögel­n auf dem Arm: Stiftungsv­erwalter Klaus Höhne (vorne knieend), links davon Falknerin Hannah Pütz und der Chef der Jagdschule, Ralf Salzmann, sowie weitere Mitglieder der Mittelalte­r-Familie
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Falknerin Hannah Pütz mit einem Wanderfalk­en, der bis zu 400 km/h schnell fliegen kann.

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