Hurra, Hurra, die Hinchas sind da
WM-Stimmung ist nicht zuletzt ein Verdienst der weit gereisten Anhänger aus Mittel- und Südamerika
SID) - Sie sind überall. Seit Tagen. Auf der Durchreise, oder weil ihre Mannschaft in Moskau ihr WMQuartier bezogen hat. Zahllose Menschen in grünen oder weißen mexikanischen Trikots oder in den blauweiß gestreiften der Argentinier. Dazwischen immer wieder, schier allgegenwärtig, die Anhänger der Peruaner. Das halbe Land scheint in Russland zu sein, beim ersten WMSpiel seit 36 Jahren im Außenposten Saransk hatten die „Inkas“ein Heimspiel. Gut 11 000 Kilometer von daheim entfernt.
Russland, und vor allem die Hauptstadt Moskau als Basis zahlreicher Mannschaften, erlebt die Flut der „Hinchas“, der iberoamerikanischen Schlachtenbummler. Vier Jah- re nach der WM im Nachbarland Brasilien scheuen sie offensichtlich auch nicht vor Verrücktheiten zurück, damit sie sich die Reise um die halbe Welt leisten können. Der Andrang von etwa 25 000 Peruanern am Samstag in Saransk, mit knapp 300 000 Einwohnern kleinster Spielort der WM, war verblüffend.
Nach Angaben der FIFA sind 43 583 Karten an die Anhänger der Peruaner gegangen. Und irgendwie haben sie es alle nach Moskau geschafft. „Me voy a Russia“– ab nach Russland, nennt Perus Sportzeitung „Libero“eine Serie, in der Fans von ihren Opfern erzählen, um die Blanquirroja bei ihrer Rückkehr auf die größte Bühne des Fußballs zu unterstützen. Da verkauft einer schon mal sein Apartment für 170 000 US-Dollar bar auf die Hand an den erstbesten Interessenten.
Da sind auch Astrid, Lita und Karen. „Hinchapelotas“nennen sie sich, die Ballfans. „Als Peru sich qua- lifiziert hat, habe ich nicht zweimal nachgedacht und meinen Job in der Bank gekündigt“, berichtet Astrid. Sie und ihre Freundinnen wollen in Zügen und auf Bahnhöfen schlafen. Bei einer Live-Schalte im Fernsehen sprang ein Fan ins Bild und verkündete seiner Liebsten: „Für alles, was du mit mir durchgemacht hast: Verzeih mir, Carla! Es tut mir aufrichtig leid, aber es spielt Peru.“Weg war er.
Viele der peruanischen Anhänger wohnen aber gar nicht mehr im InkaLand. Sie kommen unter anderem aus den USA, die mit 88 825 der verkauften WM-Eintrittskarten auf Rang zwei hinter dem Gastgeber Russland liegen. Bis eine Woche vor dem WM-Start hatte die FIFA 2,4 Millionen Tickets im freien Ver- kauf abgesetzt, 54 Prozent davon ins Ausland. In den Top Ten sind Brasilien, Kolumbien, Argentinien und Peru, vier Länder, deren Nationalteams in Russland dabei sind.
Auffällig an den ersten Tagen auch: Nicht alle Plätze waren belegt, beim Spiel zwischen Marokko und Iran in St. Petersburg am Freitag blieben gut 4000 Plätze leer. Noch etwa 7000 Besucher hätten am gleichen Tag noch ins zweitkleinste Stadion der WM im abgelegenen Jekaterinburg (35 700) gepasst: Die Stimmung war in beiden Arenen trotzdem prächtig, vor allem bei den Anhängern der beiden nordafrikanischen Mannschaften – zumindest so lange, bis jeweils in der Schlussphase die Gegentore fielen.