Lindauer Zeitung

Zehntkläss­ler bekommen Knigge-Kurs

Berufsschü­ler bringen VHGlern das Benehmen bei Tisch bei.

- Von Helena Golz

LINDAU - Wenn die nächste Hochzeitsf­eier oder Opas runder Geburtstag anstehen, sind Tischmanie­ren gefragt. Keiner will sich blamieren, weil die Serviette oder das Besteck nicht richtig liegen. Eine gemeinsame Projektwoc­he der zehnten Jahrgangss­tufen des Valentin-HeiderGymn­asiums (VHG) und des Bereichs Gastronomi­e der Berufsschu­le dreht sich deshalb um den korrekten Restaurant-Knigge. Ein Drei-Gänge-Menü stellt das Wissen der Schüler auf die Probe.

In der Küche des Berufsschu­lzentrums laufen die Vorbereitu­ngen: Eine Gruppe von Berufsschü­lern und Gymnasiast­en stellt gemeinsam Speiseeis her. Die Schüler pürieren frische Erdbeeren, dazu kommen Milch, Eigelb, Vanille und Zucker. Eine andere Gruppe bastelt derweil Melonen-Häppchen.

Einen Raum weiter falten die Schüler Servietten. Kim ist Berufsschü­lerin und zeigt jeden Handgriff bis zur perfekten Form. Sie erklärt den Gymnasiast­en, wie man das Tuch zur Rose faltet: „Ihr müsst zuerst so eng wie möglich rollen, aber am Ende dann etwas luftiger, damit man den Stoff umschlagen kann“, erklärt sie.

Aperitif nimmt man nie am Tisch

Erdbeereis, Melonenhäp­pchen und Rosen-Servietten kommen anschließe­nd beim Drei-Gänge-Menü mit Stehempfan­g zum Einsatz. Den Service übernehmen die Berufsschü­ler, die VHG’ler essen. Aber das hat so seine Tücken: Ein Cocktailgl­as mit Früchtespi­eß in der einen Hand und ein Salat-Käse-Canapé in der anderen ist gar nicht so leicht zu balanciere­n. Und dann? Wohin mit dem leeren Glas und dem Spieß? „Einen Aperitif nimmt man nie mit an den Tisch, den Spieß legt ihr am besten in die Papierscha­le, in der das Häppchen war“, erklärt Berufsschü­lerin Miriam den VHGSchüler­n. Und ganz wichtig: „Gläser mit Stiel fasst man auch immer am Stiel an.“Und das war erst der Anfang: Jetzt geht es an den Tischen im „Übungs-Restaurant“der Berufsschu­le weiter. Beim Anblick der vielen Gabeln, Messer und Gläser blickt so mancher ziemlich skeptisch drein.

„Wir vermitteln sowas ja gar nicht in unserem normalen Unterricht“, sagt VHG-Lehrerin Henrike Wackermann-Eckert. Da sei es ein wichtiges Ziel der Projektwoc­he, solche Alltagskom­petenzen zu erlernen. Der Knigge gebietet es zum Beispiel, dass man nur höflich das Glas hebt und sich zunickt, anstatt laut klirrend anzustoßen. Oder dass man die Serviette locker gefaltet neben die Gabel links legt, wenn man mal aufstehen muss. Oder dass die Frau vor dem Mann bedient wird. Oder, oder…

Wenn sich Fehler beim Service der Berufsschü­ler einschleic­hen, ist Beate Käthner, Fachlehrer­in Service an der Berufsschu­le, zur Stelle und greift korrigiere­nd ein: „Du musst anders herum um den Tisch laufen“, weist sie eine Schülerin an. „Denk dran, die Frauen zuerst.“Das sei eine gute Übung für ihre Schüler, sagt sie. „So können sie sich am wirklichen Gast ausprobieI­ch ren. bin froh, dass wir da mit dem Gymnasium zusammenar­beiten.“

Keiner will etwas falsch machen

Ihr fällt auf, wie ernst die Schüler die Übung nehmen. Tatsächlic­h ist es an den Tischen ganz ruhig. Keiner will was falsch machen, und alle sind konzentrie­rt. Dabei haben die meisten die wichtigste­n Tischmanie­ren schon von den Eltern beigebrach­t bekommen. „Meine Mama stupst mich immer an, wenn meine Ellenbogen auf dem Tisch liegen“, sagt Karen vom VHG. Myron sagt, dass ihm sein Vater gezeigt habe, dass man das Brot in mundgerech­te Stücke bricht und nicht einfach als Ganzes isst. Andere wiederum sehen die Tischmanie­ren eher locker. Beim Dessert, einem selbst gemachten FürstPückl­er-Eis tauschen zwei Schüler ihre Teller. „Das geht gar nicht“, weist sie Berufsschü­ler Florian auf den Fehler hin. Auch nach Verputzen des Desserts ist die Knigge-Schule natürlich noch nicht gänzlich zu Ende. Nicht benutztes Besteck zum Beispiel wird mit auf den letzten Teller gelegt. So gehört sich das.

Zwei Schüler strahlen sich an, klatschen ab und rufen: „Juhu! Das haben wir richtig gemacht.“

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FOTO: HEGO
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 ??  ?? Häppchen beim Stehempfan­g.
Häppchen beim Stehempfan­g.
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Filigrane Dessert-Zubereitun­g.
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FOTOS: HELENA GOLZ „Guten Appetit!“

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