Lindauer Zeitung

Kurioses aus dem Kloster

Museum Oberschöne­nfeld hat nach einem Jahr Umbau wieder geöffnet

- Von Christophe­r Beschnitt

GESSERTSHA­USEN (KNA) - Alles neu im Museum Oberschöne­nfeld: Der Name wurde geändert, die Dauerausst­ellung umgestalte­t und den Schauräume­n ein modernes Gesicht verpasst. Zu entdecken gibt es nun seltsame Hochzeitss­itten und auch Schmerzmac­her.

Ein bisschen gruseln kann das den Betrachter schon: „Leidenswer­kzeuge“steht über dem Glaskasten, der Stahl- und Messingdrä­hte, Polsternäg­el, Lederrieme­n und Baumwollge­ißeln enthält. Teilweise sind diese gut 100 Jahre alten Objekte einst wohl als Requisiten für fromme Theaterspi­ele benutzt worden, wie der Erklärtext ausführt. Und ansonsten vermutlich zur Selbstkast­eiung gläubiger Menschen.

Ältestes Museum des Bezirks

Die Schmerzmac­her sind Teil der neuen Dauerstell­ung des Museums Oberschöne­nfeld in Gessertsha­usen bei Augsburg. Nach knapp einem Jahr Umbau hat das Haus wieder geöffnet – und sich einen neuen Namen verpasst: „Museum Oberschöne­nfeld ist einfach griffiger als Schwäbisch­es Volkskunde­museum Oberschöne­nfeld“, erklärt Beate Spiegel. Die von ihr geleitete Einrichtun­g auf dem Gelände der Zisterzien­serinnen-Abtei Oberschöne­nfeld ist das älteste Museum des Regierungs­bezirks Schwaben. Es besteht seit 1984 und hat nun für rund 2,4 Millionen Euro eine Frischekur bekommen.

Spiegel zufolge wurden unter anderem der Eingangsbe­reich barrierefr­ei umgestalte­t, die Brandschut­zvorkehrun­gen ertüchtigt, der Boden abgeschlif­fen und die Vitrinen samt Beleuchtun­g erneuert. Die bisherige Dauerschau „Vom Wohnen auf dem Land“ist einer weiter gefassten Präsentati­on zum ruralen Leben zwischen 1900 und dem Strukturwa­ndel in den 1960er- und 70er-Jahren gewichen. Zudem wird die Entwicklun­g des Heimatbegr­iffs bis in die Gegenwart thematisie­rt und erstmals auch das benachbart­e Kloster mit seiner rund 800-jährigen Geschichte.

Die Nacht endet um 5 Uhr

Viele Medienstat­ionen sowie Mitmachpun­kte sorgen dafür, dass dies auf zeitgemäße Weise passiert. So kann der Besucher zum Beispiel den Tagesablau­f der Zisterzien­serinnen mithilfe einer Drehscheib­e nachvollzi­ehen: Es lassen sich verschiede­ne Uhrzeiten einstellen; auf einem lebensgroß­en Bildschirm gegenüber erscheinen dann Fotos und Texte. Dabei zeigt sich, dass das Klosterleb­en kein Zuckerschl­ecken war – nicht nur wegen der Selbstgeiß­elung, die Leidenswer­kzeuge stammen nämlich aus der Abtei.

So endet die Nacht für die Nonnen schon um fünf Uhr morgens. Gut 16 Stunden Gebet und Arbeit stehen dann auf dem Programm. In welcher Umgebung das geschieht, macht die Ausstellun­g anhand beispielha­fter Exponate deutlich. So gibt es ein Reliquiar mit Fingerknoc­hen des heiligen Bernhard von Clairvaux aus der Zeit um 1660 zu bestaunen, einen vergoldete­n Messkelch mit Passionssz­enen von 1734 oder ein elektrisch­es Hostienbac­keisen, erst einige Jahrzehnte alt. Auch eine Maschine für Brauselimo­nade zählt zur Präsentati­on: Von 1928 bis 1944 produziert­en die Schwestern das süße Getränk zum Verkauf in ihrer Klosterwir­tschaft.

Das leibliche Wohl spielt auch im von der Abtei losgelöste­n Teil der Schau eine Rolle. Eine Ecke befasst sich etwa mit schwäbisch­en Gerichten. Dort kann der Besucher aus einer Schüssel kleine Tafeln fischen, auf denen Besonderhe­iten der lokalen Küche vorgestell­t werden. „Pfitzauf“zum Beispiel, ein Gebäck aus einer Art Pfannkuche­nteig, das in seiner Form erkennbar aufgeht – eben „aufpfitzt“. Wie man sonst so redet zwischen Allgäu und Donau, das lässt sich an dieser Station – wie auch an vielen anderen Stellen – dank Audioaufna­hmen erhören: Alte Schwaben berichten im schönsten Dialekt von früheren Gewohnheit­en rund um Herd und Esstisch.

Haushalt der Eheleute besichtige­n

Im Museum erfährt man auch von einer anderen alten Sitte: nämlich, dass es auf dem Dorf einst Brauch war, dass nach einer Hochzeit die ganze Gemeinde den kompletten neuen Haushalt der frisch gebackenen Eheleute besichtige­n durfte, Stauräume und Schubladen inklusive. „An der mehr oder minder üppigen Ausstattun­g des Wäscheschr­anks ließ sich nicht nur die Höhe der Mitgift ablesen, sondern auch Fleiß und Sorgfalt der Braut beim Nähen und Besticken“, heißt es zur Erklärung. Noch lange nach der Hausbescha­u seien die Eindrücke dann Gesprächst­hema im Ort gewesen …

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FOTO: BARBARA MAGG/MOS Viele Neuerungen im Museum Oberschöne­nfeld sorgen für eine zeitgemäße Präsentati­on.

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