Kurioses aus dem Kloster
Museum Oberschönenfeld hat nach einem Jahr Umbau wieder geöffnet
GESSERTSHAUSEN (KNA) - Alles neu im Museum Oberschönenfeld: Der Name wurde geändert, die Dauerausstellung umgestaltet und den Schauräumen ein modernes Gesicht verpasst. Zu entdecken gibt es nun seltsame Hochzeitssitten und auch Schmerzmacher.
Ein bisschen gruseln kann das den Betrachter schon: „Leidenswerkzeuge“steht über dem Glaskasten, der Stahl- und Messingdrähte, Polsternägel, Lederriemen und Baumwollgeißeln enthält. Teilweise sind diese gut 100 Jahre alten Objekte einst wohl als Requisiten für fromme Theaterspiele benutzt worden, wie der Erklärtext ausführt. Und ansonsten vermutlich zur Selbstkasteiung gläubiger Menschen.
Ältestes Museum des Bezirks
Die Schmerzmacher sind Teil der neuen Dauerstellung des Museums Oberschönenfeld in Gessertshausen bei Augsburg. Nach knapp einem Jahr Umbau hat das Haus wieder geöffnet – und sich einen neuen Namen verpasst: „Museum Oberschönenfeld ist einfach griffiger als Schwäbisches Volkskundemuseum Oberschönenfeld“, erklärt Beate Spiegel. Die von ihr geleitete Einrichtung auf dem Gelände der Zisterzienserinnen-Abtei Oberschönenfeld ist das älteste Museum des Regierungsbezirks Schwaben. Es besteht seit 1984 und hat nun für rund 2,4 Millionen Euro eine Frischekur bekommen.
Spiegel zufolge wurden unter anderem der Eingangsbereich barrierefrei umgestaltet, die Brandschutzvorkehrungen ertüchtigt, der Boden abgeschliffen und die Vitrinen samt Beleuchtung erneuert. Die bisherige Dauerschau „Vom Wohnen auf dem Land“ist einer weiter gefassten Präsentation zum ruralen Leben zwischen 1900 und dem Strukturwandel in den 1960er- und 70er-Jahren gewichen. Zudem wird die Entwicklung des Heimatbegriffs bis in die Gegenwart thematisiert und erstmals auch das benachbarte Kloster mit seiner rund 800-jährigen Geschichte.
Die Nacht endet um 5 Uhr
Viele Medienstationen sowie Mitmachpunkte sorgen dafür, dass dies auf zeitgemäße Weise passiert. So kann der Besucher zum Beispiel den Tagesablauf der Zisterzienserinnen mithilfe einer Drehscheibe nachvollziehen: Es lassen sich verschiedene Uhrzeiten einstellen; auf einem lebensgroßen Bildschirm gegenüber erscheinen dann Fotos und Texte. Dabei zeigt sich, dass das Klosterleben kein Zuckerschlecken war – nicht nur wegen der Selbstgeißelung, die Leidenswerkzeuge stammen nämlich aus der Abtei.
So endet die Nacht für die Nonnen schon um fünf Uhr morgens. Gut 16 Stunden Gebet und Arbeit stehen dann auf dem Programm. In welcher Umgebung das geschieht, macht die Ausstellung anhand beispielhafter Exponate deutlich. So gibt es ein Reliquiar mit Fingerknochen des heiligen Bernhard von Clairvaux aus der Zeit um 1660 zu bestaunen, einen vergoldeten Messkelch mit Passionsszenen von 1734 oder ein elektrisches Hostienbackeisen, erst einige Jahrzehnte alt. Auch eine Maschine für Brauselimonade zählt zur Präsentation: Von 1928 bis 1944 produzierten die Schwestern das süße Getränk zum Verkauf in ihrer Klosterwirtschaft.
Das leibliche Wohl spielt auch im von der Abtei losgelösten Teil der Schau eine Rolle. Eine Ecke befasst sich etwa mit schwäbischen Gerichten. Dort kann der Besucher aus einer Schüssel kleine Tafeln fischen, auf denen Besonderheiten der lokalen Küche vorgestellt werden. „Pfitzauf“zum Beispiel, ein Gebäck aus einer Art Pfannkuchenteig, das in seiner Form erkennbar aufgeht – eben „aufpfitzt“. Wie man sonst so redet zwischen Allgäu und Donau, das lässt sich an dieser Station – wie auch an vielen anderen Stellen – dank Audioaufnahmen erhören: Alte Schwaben berichten im schönsten Dialekt von früheren Gewohnheiten rund um Herd und Esstisch.
Haushalt der Eheleute besichtigen
Im Museum erfährt man auch von einer anderen alten Sitte: nämlich, dass es auf dem Dorf einst Brauch war, dass nach einer Hochzeit die ganze Gemeinde den kompletten neuen Haushalt der frisch gebackenen Eheleute besichtigen durfte, Stauräume und Schubladen inklusive. „An der mehr oder minder üppigen Ausstattung des Wäscheschranks ließ sich nicht nur die Höhe der Mitgift ablesen, sondern auch Fleiß und Sorgfalt der Braut beim Nähen und Besticken“, heißt es zur Erklärung. Noch lange nach der Hausbeschau seien die Eindrücke dann Gesprächsthema im Ort gewesen …