Lindauer Zeitung

Weiteres Kalb ausgeweide­t: War es ein Wolf?

Landrat fordert von Minister sofortigen Abschuss – Alpwirt findet am Grünten zwei neugeboren­e Kälber tot auf

- Von Katharina Müller und Markus Raffler

KRANZEGG - Eine apathische Mutterkuh und zwei tote Kälber hat Alpwirt Konrad Müller am Dienstagmo­rgen auf seiner Weide am Grünten bei Kranzegg (Oberallgäu) gefunden. Die Zwillingsk­älber wurden in der Nacht geboren. Von einem war am nächsten Morgen nur noch der Kopf und zwei Beine übrig. Auch der zweite Kadaver hatte Bissspuren. Müller geht davon aus, dass ein oder mehrere Wölfe die Kälber so zugerichte­t haben – zumal im etwa sieben Kilometer entfernten Wertach kurz hintereina­nder zwei junge Rinder gerissen wurden. Hier machen Bauern und Landratsam­t „zu 100 Prozent“den Wolf verantwort­lich.

Dass seine Kälber bereits tot geboren wurden, glaubt Müller nicht. Er habe auf seiner Alpe noch nie eine Totgeburt gehabt. „Das war hundertpro­zentig der Wolf. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Das kann kein anderes Tier gewesen sein“, sagt der Landwirt, der seine Tiere nun zur Sicherheit nachts im Stall lässt.

Landesamt: Wolfs-Nachweis fehlt

Mitglieder des „Netzwerks Große Beutegreif­er“am Landesamt für Umwelt (LfU) haben auch im aktuellen Fall DNA-Proben genommen. Im Gegensatz zum betroffene­n Bauern halten es Vertreter des LfU durchaus für möglich, dass die Kälber tot zur Welt kamen und Aasfresser über sie hergefalle­n sind. Für die Behörde ist in keinem der aktuellen Fälle erwiesen, dass ein Wolf für den Tod der Tiere verantwort­lich ist. Bissspuren bei den gerissenen Kälbern in Wertach bieten beispielsw­eise kein einheitlic­hes Bild, sagt ein Sprecher. Auch dass die Rinder so kurz hintereina­nder starben und ausgeweide­t wurden, lasse keine Rückschlüs­se auf einen Wolf zu. Man müsse die DNAAnalyse abwarten, sagt der LfUSpreche­r. Diese könne man aber nicht beschleuni­gen. Das Senckenber­ginstitut, das die Proben analysiert, sei für das ganze Bundesgebi­et zuständig und müsse zahlreiche Proben auswerten. Das allerdings will der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz so nicht hinnehmen: „Diese lange Wartezeit ist unerträgli­ch, das muss sich ändern“, sagt er und fordert ein Ergebnis binnen acht Tagen. „Bei Tbc-Proben ist das ja auch möglich.“Zur Not trage das Landratsam­t die entstehend­en Kosten. Der Landrat verweist auf sieben ausgeweide­te Kälber im Oberallgäu und in Halblech (Ostallgäu) seit Anfang Juni. In keinem einzigen Fall liege bisher eine DNAAnalyse vor.

Klotz, der sich gestern zu einem Krisengesp­räch mit Vertretern von Landwirtsc­haft, Alpwirtsch­aft und Jagd traf, will heute bei Umweltmini­ster Marcel Huber auf eine sofortige Abschussge­nehmigung für Wölfe drängen. „Hier reden wir aber erst einmal über den Raum Wertach, hier muss akut etwas geschehen.“Zwar sei derzeit ein Wolfs-Management­plan in Arbeit – man könne aber nicht so lange warten, bis dieser umsetzbar sei.

Auch Dr. Leopold Herz, Landwirt in Wertach und agrarpolit­ischer Sprecher der Freien Wähler im Landtag, fordert, bäuerliche Familienbe­triebe und Alphirten nicht mit dem „Problem Wolf“allein zu lassen. Er hat sich deshalb bereits an Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber und Umweltmini­ster Marcel Huber gewandt. Ebenso wie Landrat Klotz ist es ihm wichtig, dass das Wolfs-Monitoring profession­alisiert wird. Die Mitglieder des Netzwerks Große Beutegreif­er, die am Fundort Proben nehmen, sind nur ehrenamtli­ch tätig. Besser wären hier laut Herz behördlich­e Strukturen. „Verdachtsf­älle müssen schnell geklärt werden und dazu ist eine raschere Abwicklung nötig.“Auch eine kompetente Beratung der Geschädigt­en sowie eine 24-Stunden-Notfallber­eitschaft ist wichtig.

„Das war hundertpro­zentig der Wolf. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Das kann kein anderes Tier gewesen sein.“Alpwirt Konrad Müller „Diese lange Wartezeit ist unerträgli­ch, das muss sich ändern.“Landrat Anton Klotz

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