Schock für Bewohner und Angehörige
Seniorenheim Margaretha- und Josephinen-Stift in Kempten stellt Betrieb der Altenpflegeeinrichtung ein
KEMPTEN - 48 Senioren sind stationär im Margaretha- und Josephinen-Stift untergebracht. Für sie muss schnellstmöglich ein neues Zuhause gefunden werden: Die Altenpflegeeinrichtung schließt spätestens im März 2019. Das betreute Wohnen soll unter anderer Leitung weitergeführt werden. Der offizielle Grund für die Schließung: Personalnot und hohe Kosten, die durch Leiharbeiter entstehen. Für die Bewohner hat das gravierende Konsequenzen: Eine Versorgung direkt in Kempten oder in der Nähe ist nicht garantiert. „Für die Bewohner und die Angehörigen ist das alles ein ganz schöner Schock“, sagt Gabriele Müller, Geschäftsführerin der Margaretha- und Josephinen-Stift gGbmH.
„Die wirtschaftliche Situation des Hauses war auf Dauer nicht mehr tragbar“, erklärt Jürgen Baunach, Vorsitzender des Kuratoriums der Margaretha- und Josephinen-Stiftung, die der Träger der Einrichtung ist, den Entschluss. Jahrelang schon habe es große Probleme gegeben, hauptsächlich bedingt durch den Personalmangel.
120 stationäre Plätze gibt es in dem Haus am Adenauerring. Zuletzt konnten nur noch 48 davon vergeben werden – für mehr fehlten die Betreuungskräfte. Zudem ist das Heim auf Leiharbeiter angewiesen, die „so teuer sind, dass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann“, sagt Baunach. Zwei bis dreimal so hoch seien die Kosten für Zeitarbeiter im Vergleich zu eigenen Kräften, erklärt Einrichtungsleiter Markus Röhrl. Außerdem kämen viele von ihnen aus dem Ausland. „Von Seiten der Bewohner gab es Beschwerden über die Qualität und darüber, dass sie sich nicht verstanden fühlen.“
Lange habe man versucht, „das Ruder rumzureißen“, erklärt Anwalt Guntram Baumann, der die Stiftung arbeitsrechtlich betreut. Auch Baunach betont: „Wir wollten die Einrichtung am Leben halten. Es gab viele Sitzungen und Diskussionen, aber am Ende haben wir diesen Beschluss fassen müssen.“
Ein Hinweis darauf, wie lange die Probleme schon schwelen, ist der rege Wechsel beim Betrieb in Zusammenarbeit mit der Stiftung. Bis 2011 gab es keinen speziellen Betreiber, das Heim stand unter der Aufsicht der Stiftungsverwaltung der Stadt Kempten. Von 2011 bis 2014 fungierte die Allgäu Pflege als externe Betreibergesellschaft, seit 2014 gibt es mit der Margarethaund Josephinen-Stift gGmbH eine eigene Gesellschaft. Deren Defizite gleicht die Stiftung aus – was künftig nicht mehr möglich ist. „Wir reden hier nicht über ein paar tausend Euro, sondern hohe sechsstellige Beträge – und das über Jahre hinweg“sagt Rechtsanwalt Baumann.
Nun müssen die 48 Bewohner anderweitig betreut werden. „Wir treten jetzt an die Heime in der Umgebung heran und hoffen, dass alle Bewohner ortsnah aufgenommen werden können“, sagt Baunach. Sollte es in Einzelfällen nicht möglich sein, die Senioren in der Nähe zu versorgen, habe sich die CAB Caritas Augsburg bereit erklärt, den Senioren Plätze anzubieten. Rein rechnerisch sei eine ortsnahe Unterbringung möglich, erklärt Baumann. Dann, wenn die anderen Heime nicht nur die Bewohner, sondern auch die Mitarbeiter des Stifts übernehmen. Plätze gebe es, nur hätten die anderen Einrichtungen ebenso mit Personalnot zu kämpfen.
Das weiß auch Yvonne Spöcker, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Pflegeeinrichtungen in Kempten und Umgebung. „Alle Bewohner so schnell anderweitig unterzubringen könnte schwierig werden. Die Heime, die genug Personal haben, sind voll“, sagt sie. Wenn politsche Maßnahmen nicht bald greifen, erhöhe sich zudem das Risiko, dass andere Einrichtungen ein ähnliches Schicksal erleiden wie der Margaretha- und Josephinen-Stift. Vor wenigen Wochen traf es bereits eine Einrichtung in Obergünzburg.
Wie es am Adenauerring weitergeht, kommt noch auf. Das betreute Wohnen soll bestehen bleiben und vergrößert werden. Dafür wird allerdings noch nach einem neuen Betreiber gesucht. Die Stiftung will dann nur noch als Vermieter fungieren, wie es schon jetzt beim Hospiz der Fall ist, das derzeit ebenfalls in den Räumen des Stifts untergebracht ist. Es kann auf jeden Fall dort bleiben, bis der Neubau am alten Krankenhaus fertig ist.
„Von Seiten der Bewohner gab es Beschwerden über die Qualität und darüber, dass sie sich nicht verstanden fühlen.“Einrichtungsleiter Markus Röhrl