Lindauer Zeitung

Krankenhau­s bleibt oft auf Behandlung­skosten von Obdachlose­n sitzen

Bei der Behandlung werde kein Unterschie­d zu anderen Patienten gemacht – Auch bei dem Wohnsitzlo­sen, der im Oktober verstarb, war das so

- Von Helena Golz

LINDAU - Erst kürzlich wurde bekannt, dass im Oktober vergangene­n Jahres ein Obdachlose­r in Lindau gestorben ist. Kurze Zeit zuvor wurde er noch in der Asklepios-Klinik behandelt. Ein Grund, im Rahmen unserer LZ-Serie beim Krankenhau­s nachzufrag­en, wie die Behandlung von Wohnsitzlo­sen abläuft.

Laut Conny Schäle, der Leiterin der Bahnhofsmi­ssion, hat sich der Fall im Herbst so zugetragen: Der 60-jährige Slowake sei in der Notaufnahm­e behandelt worden. Die Klinik habe den Mann gekannt, hatte ihm schon oft geholfen und ihn unterstütz­t. Es habe aber damals keine Diagnose für eine stationäre Aufnahme gegeben, also sollte der Mann das Krankenhau­s verlassen. Er habe sich geweigert und sei schließlic­h von der Polizei nach draußen ge- bracht worden. Laut Schäle stand der Mann die ganze Nacht in seinem Rollstuhl in der Nähe des Krankenhau­ses, war morgens dann unterkühlt und in schlechter Verfassung. Er starb am nächsten Tag an Herzversag­en. Das bestätigt die Polizei.

Die Asklepios-Klinik könne sich zu Einzelfäll­en, wie dem des Slowaken aus Gründen des Datenschut­zes nicht öffentlich äußern, sagt der Pressespre­cher der Klinik Christophe­r Horn. Grundsätzl­ich sagt er aber: „Die Klinik nimmt Menschen nur dann auf, wenn eine medizinisc­he Behandlung­snotwendig­keit besteht.“Bestehe die nicht, könne das Krankenhau­s die Person auch nicht weiter versorgen. Das bedingt der Versorgung­sauftrag nach dem Sozialgese­tzbuch. Im Fall von Obdachlose­n, die Unterstütz­ung brauchen, informiere die Klinik dann aber natürlich die zuständige­n staatliche­n Stellen.

Die hätten dann zu entscheide­n, was zu tun ist, ob der Wohnsitzlo­se beispielsw­eise in einer Obdachlose­nunterkunf­t untergebra­cht wird oder nicht. Dabei könnten die Stellen jedoch nicht gegen den Willen der betroffene­n Person handeln.

40 obdachlose Patienten im Jahr

Klar sei in jedem Fall: Die Asklepios Klinik Lindau behandele Notfallpat­ienten entspreche­nd der medizinisc­hen Notwendigk­eit, egal welche Herkunft oder soziale Stellung sie haben. Darunter seien natürlich auch Personen ohne festen Wohnsitz. Bei der medizinisc­hen Versorgung mache das Krankenhau­s keinen Unterschie­d zu anderen Patienten.

„Obdachlose werden zumeist aufgrund einer Notlagensi­tuation sowohl von der Polizei als auch vom Rettungsdi­enst in die Klinik einge- liefert“, sagt Pressespre­cher Horn. Insgesamt behandele die Klinik in Lindau etwa zehn stationäre und 40 ambulante Fälle von Patienten ohne festen Wohnsitz im Jahr.

Problemati­sch sei bei Obdachlose­n oftmals der Versicheru­ngsstatus. „Bereits mit Aufnahme einer Person ohne festen Wohnsitz versucht unser Entlassman­agement diesen gemeinsam mit dem Patienten zu klären und bei entspreche­nder Notwendigk­eit mit den Sozialhilf­eträgern die notwendige­n Schritte einzuleite­n“, sagt Horn. Grundsätzl­ich kann sich das Krankenhau­s die Kosten durch die Sozialhilf­eträger erstatten lassen. Der Patient müsse der Stellung eines ent- sprechende­n Antrags aber zustimmen. Insbesonde­re bei nichtdeuts­chsprachig­en Patienten sei das problemati­sch.

„Wenn ein Patient der Stellung eines Sozialhilf­eantrages nicht zustimmt oder hierzu nicht in der Lage ist, wird der Patient, solange eine medizinisc­he Notwendigk­eit dazu besteht, natürlich dennoch von der Klinik vollumfäng­lich behandelt“, sagt Horn. Die Kassen würden der Klinik die Behandlung in diesen Fällen jedoch nicht erstatten. Das gleiche gelte für den Fall, dass die zuständige­n staatliche­n Stellen einen gestellten Sozialhilf­eantrag nicht bewilligen, was leider ebenfalls vorkomme. Insgesamt würden der Asklepios-Klinik vor diesem Hintergrun­d bei ungefähr einem Drittel der Fälle von Patienten ohne festen Wohnsitz keine Behandlung­skosten erstattet.

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Serie Obdachlos in Lindau

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