Gemeinsam wachsen – und Profis formen
Ochsenhausens Tischtennisspieler und die Basketballer aus Ehingen wollen gegenseitig voneinander lernen
EHINGEN/OCHSENHAUSEN – Es geht nichts über Männerfreundschaften. Man habe mehrmals miteinander telefoniert, sich auf ein Bier getroffen und sofort gemerkt – „wir sind auf einer Wellenlänge“, sagt Nico Drmota, Manager der Steeples, dem Basketball-Zweitligisten aus Ehingen, über Kristijan Pejinovic, seinen Kollegen aus Ochsenhausen. Der befasst sich zwar mit Tischtennis, einer Sportart mit etwa hundert mal kleineren Bällen, mit der Drmota bis dato wenig bis nichts zu tun hatte, wie er einräumt. Aber man inspiriere sich gegenseitig, man könne viel voneinander lernen, sagen die beiden unisono.
Tatsächlich hat die ungewöhnliche neue Kooperation des deutschen Vizemeisters TTF Liebherr Ochsenhausen mit den Steeples, die aus der Not heraus entstand, ihren gewissen Charme. Zehn Tage vor Terminschluss mussten die TTF eine neue Spielstätte suchen, da die heimische Halle aufgrund eines Wasserschadens renoviert werden muss. Die Stadt Ehingen, die offensiv mit ihrem Label Sportstadt wirbt, sprang ohne zu Zögern ein. Drmota war das Bindeglied, und wo man schon die neue Sporthalle am Johann-Vanotti-Gymnasium miteinander teile, da könne man ja noch mehr teilen, fanden die Clubs. Beide Vereine respektive ihre Chefs haben Workshops eingeführt, in denen sie sich gegenseitig über Infrastruktur, Organisation, Sponsoren, Organigramme und vor allem Talentausbildung austauschen. Letzteres ist zwar seit Jahren bereits die Stärke beider – die Steeples sind in der U19 und in der U16 deutscher Rekordmeister, die TTF haben dank ihres Liebherr Master Colleges inzwischen drei Talente aus den Top 15 der Welt im Kader –, aber man kann ja nie auslernen. „Ochsenhausen hat einen großen Staff, ist extrem gut organisiert, in punkto Personalentwicklung und Personalführung können wir uns da schon was abschauen“, sagt Drmota, der selbst eher das Mädchen – respektive der Manager – für alles ist in Ehingen. Pejinovic wiederum schwärmt von der umfassenden Talente-Ausbildung und -Förderung der Steeples, die wiederum eng mit ihrem renommierten Internat zusammenhängt.
Ziel: Internatsplätze für die TTF
Fünfzehn Minuten von Ehingen entfernt nämlich befindet sich seit 83 Jahren – idyllisch gelegen und von romantischen Mauern umgeben – die Urspringschule, eine Privatschule mit insgesamt 220 Pennälern (120 davon im Internat). Die Steeples haben sich dort 25 Plätze für ihre 14- bis 18-jährigen Talente gesichert, die sie dort zu Profis ausbilden wollen, in jedem Fall aber zu Abiturienten – was bisher auch ohne Ausnahme gelang. Man kann dort parallel zum normalen Gymnasialunterricht eine Ausbildung zum Schreiner, Feinwerkmechaniker oder Schneider absolvieren, und künftig sollen ausgewählte Talente an der Schule auch Tischtennisprofi werden können – für den außerschulischen, sportlichen Part wären dann die TTF zuständig. Die langgehegte Vision der Ochsenhausener könnte relativ schnell realisiert werden: Die Einschreibung eines TTF-Internatsschüler sei theoretisch bereits zu diesem Jahr möglich, noch aber fehle es an Kandidaten, sagt Pejinovic. Allerdings wolle der russische Schüler-Europameister Vladimir Sidorenko (16), den die TTF an Bergneustadt ausgeliehen haben, den dreimonatigen SprachCrashkurs der Urspringer belegen.
„Unsere Schule ist für neue Einflüsse und Ideen stets offen“, sagt Drmota (39), auch man selbst habe 1995 klein angefangen, „mit vier Jungs aus der Region“. Pejinovic wiederum würde den Steeples wünschen, dass sie trotz ihrer Selbstdefinition als Ausbildungsverein auch mal oben in der Pro A mitspielen könnten und nicht immer gegen den Abstieg kämpfen müssen. „Das hätten sie verdient“, sagt der TTF-Macher, „denn sie leisten als Stützpunkt sehr viel für den deutschen Basketball.“