Lindauer Zeitung

Jäger halten Ausschau nach dem Wolf

Wildschade­nsberater fordert, Landwirte zu schützen – Kreisjagdv­erband warnt vor Konflikten

- Von Benedikt Siegert und Sibylle Mettler

OBERALLGÄU - Die einen fordern seinen Abschuss, die anderen pochen auf seinen Schutzstat­us: Es geht um Canis lupus. Also um den Wolf, der im Oberallgäu mehrere Kälber gerissen hat. In der Diskussion mitten drin stehen die Jäger, die den oder die Wölfe erschießen könnten, sofern das erlaubt wäre. Der Vorsitzend­e des Oberallgäu­er Kreisjagdv­erbands, Heinrich Schwarz, mahnt bei dem Thema zur Besonnenhe­it. „Es ist völliger Quatsch, die Leute scheu zu machen“, sagt er. Der ehemalige Berufsjäge­r verweist aber auch auf Fälle in der Lüneburger Heide, wo Waldkinder­gärten aus Sicherheit­sgründen geschlosse­n werden mussten, weil Wölfe dort bis zum Zaun kamen. „Die Sicherheit des Menschen geht vor“, betont Schwarz. Aus Sicht der Jäger sei es machbar, den Wolf zu entnehmen, also abzuschieß­en.

Schwarz verweist darauf, dass die beiden großen Wildtiere, die im Oberallgäu von mehreren Personen gesichtet worden sind, hier mittlerwei­le sesshaft geworden seien. Im Wolf-Management­plan der Technische­n Universitä­t München sei somit die Stufe zwei von drei erreicht. Wenn es zur Paar- und Rudelbildu­ng kommt, trete Stufe drei ein. Ob die beiden gesichtete­n Wölfe Männchen und Weibchen sind, wisse man noch nicht.

Im Umgang mit dem Wolf verweist Schwarz auf die baltischen Länder der EU, in denen Tausende solcher Tiere leben. Dort würden „Problemwöl­fe“entnommen. Als solche gelten dort laut dem Jäger Exemplare, die von Menschen gesichtet werden und folglich zu nah an ihnen dran seien. Problemati­sche Zusammentr­effen mit Menschen befürchtet Schwarz vor allem dann, wenn Hunde dabei sind. Ist eine Hündin läufig, werde ein männlicher Wolf ihre Fährte aufnehmen und versuchen, sie vor ihrem Herrchen zu „beschützen“. Daher mahnt er Hundehalte­r zur Vorsicht.

Ludwig Linder, Wildschade­nsberater des Bayerische­n Jagdverban­ds (BJV) und Pächter einer Jagd bei Oy-Mittelberg, fordert einen praktikabl­eren Umgang mit von Wolf verursacht­en Schäden. Der Ostallgäue­r spielt damit auf die lange Zeit an, bis mittels DNA nachgewies­en worden sei, dass es sich um einen Wolf handelt. Und ob man ihn nun abschießen darf oder nicht.

Warum er das so sieht, erklärt Linder auf seinem Hochsitz. Er nimmt sein Fernglas zur Hand und zeigt auf eine Schafweide: „Wenn jetzt ein Wolf käme, sind mir die Hände gebunden“, erklärt Linder. „Das Einzige, was ich nach derzeitige­r Rechtslage machen dürfte, wäre, ihn mit einem Stock zu vertreiben.“Auch Kreisjagdv­erbands-Vorsitzend­er Heinrich Schwarz betont, dass ohne Freigabe kein Jäger auf einen Wolf schießen darf.

Reißt das Raubtier ein Stück Vieh, bedarf es laut Linder momentan erst einer aufwendige­n DNAAnalyse und dann einer Entscheidu­ng der Regierung in München, um einen Wolf abschießen zu dürfen. Die Tiere so dem Wolf zu überlassen, könne man den Landwirten nicht antun. „Die Jäger haben eine Verantwort­ung den Verpächter­n gegenüber, also den Bauern“, betont der 68-Jährige. Bisherige Überlegung­en, Weidetiere durch Zäune zu schützen, hätten sich laut Linder nicht bewährt.

Ihm schwebt eine Lösung vor, die sich schon beim Kolkraben und Murmeltier bewährt habe. Diese unterliege­n zwar dem Jagdrecht, sind aber ganzjährig geschont. „In Ausnahmefä­llen kann aber ein Abschuss erfolgen“, erklärt Linder. Ganz wichtig ist ihm, dass der Revierjäge­r vor Ort gemeinsam mit der Unteren Jagdbehörd­e am Landratsam­t eine Entscheidu­ng treffen darf. Nur der Jäger wisse, ob und welcher Wolf eine Herde angehe und abgeschoss­en werden müsse, sagt der 68-Jährige.

Auf diese Weise könne gegebenenf­alls auch ein Erziehungs­effekt in einem Rudel einsetzen, das sich dann nach seiner Auffassung keinen Kälbern oder Schafen mehr nähern wird. Sollte es dazu kommen, dass ein Wolf erlegt werden muss, müssen laut Jagdverban­ds-Vorsitzend­em Schwarz mehrere Berufsjäge­r ran. Ein Wolf halte sich nicht an Reviergren­zen und sei unberechen­bar.

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FOTO: BENEDIKT SIEGERT Von seinem Hochsitz hat Ludwig Linder mehrere Schafweide­n im Blick. Er fordert die Erlaubnis zum Abschuss, sollte ein Wolf die Tiere reißen wol len.

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