SPD will 25 000 Wohnungen bauen
Die Umfragen sind wenig ermutigend, doch ein gelungener Coup macht etwas gute Laune
MÜNCHEN (lz) - Die SPD fordert den Bau von 25 000 bezahlbaren Wohnungen durch den Freistaat in den nächsten fünf Jahren. „Wohnen ist die soziale Frage der nächsten Jahre und Jahrzehnte“, sagte SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen am Freitag. Sie warf der Staatsregierung vor, noch immer nicht selbst in den Wohnungsbau einzusteigen, obwohl dies in der Verfassung stehe, und obwohl Wohnraum rar und teuer sei. Heute um 19 Uhr tritt Kohnen gemeinsam mit Oberbürgermeister Gerhard Ecker bei einer Gesprächsrunde im Theater Lindau auf.
MÜNCHEN - Bayerns Sozialdemokraten haben mit der CSU eines gemeinsam: Sie wollen die Meinungsforscher widerlegen.
Neuer Tag, neues Glück. Natascha Kohnen, Spitzenkandidatin der bayerischen SPD für die Landtagswahl am 14. Oktober, steht am Freitagmorgen in München vor der Staatskanzlei und posiert für die Kameras. Neben ihr: ein Kasten mit 25 000 knallroten Plastikschlüsseln. So viele Wohnungen wollen die Sozialdemokraten in den nächsten fünf Jahren in Bayern allein in staatlicher Regie errichten. Wenn man sie denn lässt.
Bayerns Sozialdemokraten sind Kummer gewohnt und niederlagengestählt. Das hilft ihnen jetzt, denn Umfragen sehen sie als dritte oder gar vierte Kraft hinter Grünen und AfD. Spitzenkandidatin Kohnen sagt dazu das, was alle Wahlkämpfer in solchen Situationen sagen: Umfragen hätten schon oft danebengelegen und der Wahlkampf habe ja noch gar nicht richtig angefangen.
Dieselbe Aussage, nur mit etwas anderen Worten, hatte einen Tag vorher auch der Mann getroffen, der in dem palastartigen Gebäude residiert, vor dem Natascha Kohnen ihre EinFrau-Demonstration gegen Wohnungsnot durchzieht. Markus Söder, Ministerpräsident und Spitzenkandidat der CSU, hat in den letzten Wochen ebenfalls demoskopische Tiefschläge einstecken müssen. Er sei „innerlich gelassen“, trotzte der Nürnberger. In den vergangenen Jahren hätten die Meinungsbefrager mit ihren Umfragen eine Schlappe nach der anderen erlitten.
Dennoch: Der bayerische Platzhirsch CSU und die – bisher – zweitgrößte Partei SPD erleben alles andere als Rückenwind. Da tat es den gebeutelten Sozialdemokraten gut, dass ihr Wahlkampfmanager Rainer Glaab in den letzten Tagen einen Internet-Coup landete. Weil die CSU ihren zentralen Slogan „Söder macht’s“nicht als Internet-Domain gesichert hatte, kaperte ihn der gebürtige Aschaffenburger und listete unter dieser Adresse die aus Sicht der SPD größten Fehler, Pleiten und Pannen der CSU auf.
Das Wahlergebnis kann damit allein sicherlich noch nicht in die Nähe der 20,6 Prozent gehoben werden, die vor fünf Jahren der ehemalige Münchener Oberbürgermeister Christian Ude als Spitzenkandidat für die SPD erreicht hatte, räumt Glaab ein. Aber ihm und vielen anderen Genossen ist die Freude über den deutschlandweit beachteten Coup doch anzumerken. Immerhin wurde auch Internetnutzern, die bisher mit Landtagswahl und SPD nichts am Hut hatten, auf diese Weise klar: Es gibt die SPD noch – und sie ist ab und an sogar modern und pfiffig.
Als Hauptgegner abserviert
CSU-Generalsekretär Markus Blume war freilich anderer Meinung. Es sei ein „netter Abi-Streich“, aber mehr nicht und das Kapern von Internetseiten Wahlkampf von vorgestern. Was die Christsozialen nicht davon abhielt, sich die Seiten „nataschakohnen.bayern“und „spdmachtnix“kurzzeitig unter den Nagel zu reißen, auf denen allerdings nur auf das Regierungsprogramm Söders verwiesen wurde. Inzwischen sind diese Seiten wieder abgeschaltet.
Ministerpräsident Söder rächte sich auf andere Weise. Er erkannte den bayerischen Genossen den Rang als Hauptgegner der CSU ab. Das seien jetzt die Grünen, verkündete er am vergangenen Donnerstag. Was die SPD seit der letzten Landtagswahl verloren habe, sei „eins zu eins“bei den Grünen gelandet. Aber sonst lägen die Meinungsforscher seit Jahren erbärmlich daneben, wie gesagt.
Sachpolitisch setzt die SPD vor allem auf soziale Themen – Politikfelder, auf denen ihr mehr Kompetenz als der CSU zugewiesen wird. Viele davon gibt es nicht, aber diese sind hochaktuell, hat Spitzenkandidatin Kohnen bei ihrer bisherigen Wahlkampftournee bemerkt. Bei den Menschen stünden drei Themen im Vordergrund: bezahlbares Wohnen, Kinderbetreuungsplätze und Unbehagen gegenüber den Veränderungen in der Arbeitswelt.
Knapp 140 000 CSU-Mitgliedern stehen in Bayern etwa 60 000 SPDParteigänger gegenüber. Auch das ist schon ein etwas ungleicher Kampf, zudem geht es für viele CSU-Mitglieder um Ämter und Posten. Von Euphorie oder Hochstimmung im eigenen Lager will SPD-Spitzenfrau Kohnen angesichts der katastrophalen Umfragewerte und des ausbleibenden Rückenwinds aus Berlin nun doch nicht reden, aber die Parteibasis sei „unglaublich diszipliniert“.
Vielleicht auch, weil man auf einem sinkenden Schiff eher zusammensteht? Tatsächlich sind die Sozialdemokraten, gemessen an den Gesamtumständen, noch erstaunlich guten Mutes. „Schlimmer kann es ja nicht kommen“, meint ein Landtagsabgeordneter, korrigiert sich dann aber: „Das haben wir früher aber auch schon gesagt.“