Lindauer Zeitung

Heilwasser ist ein Arzneimitt­el

Anwendungs­gebiete und Trinkempfe­hlungen müssen auf dem Etikett genannt werden

- Von Sabine Meuter

MÜNCHEN/BONN (dpa) - Viele vergessen es einfach. Dabei ist regelmäßig­es Trinken am Tag ein Muss. Als ideales Getränk gilt Wasser, nicht zuletzt, weil es kalorienar­m ist. Manch einer will sich etwas Gutes tun und greift statt zum Leitungs- oder Mineralwas­ser gleich zu Heilwasser. Aber bringt das wirklich etwas?

Tatsächlic­h handelt es sich nicht nur um Hokuspokus. Wo Heilwasser draufsteht, muss auch Heilendes drin sein: „Heilwasser ist im Gegensatz zu Mineralwas­ser, Quell- oder Tafelwasse­r kein Lebensmitt­el, sondern ein Arzneimitt­el“, sagt Heidrun Schubert von der Verbrauche­rzentrale Bayern in München. Das bedeutet: Heilwasser unterliegt dem Arzneimitt­elrecht und muss vom Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM) zugelassen werden.

Wie bei anderen Arzneimitt­eln muss auch der Abfüller von Heilwasser die Wirksamkei­t sowie die Qualität und Unbedenkli­chkeit des Produkts mit wissenscha­ftlichen Gutachten nachweisen. „Der Gesetzgebe­r verlangt dazu eine umfangreic­he Prüfung und Dokumentat­ion“, sagt Schubert. Das schlägt sich auch auf den Preis nieder: 73 Cent pro Liter kostet Heilwasser im Schnitt, sagt Corinna Dürr vom Informatio­nsbüro Heilwasser.

Heilwässer stammen aus tiefen Gesteinssc­hichten. Bis dorthin hat das in den Boden gesickerte Regenwasse­r einen langen Weg zurückgele­gt. Dabei wurde es gefiltert. Zugleich nimmt es je nach Gestein Mineralsto­ffe auf. Abhängig von den geologisch­en Bedingunge­n entwickeln sich unterschie­dliche Wässer.

In der Regel haben sie einen hohen Gehalt an Mineralsto­ffen und Spurenelem­enten, erklärt Professor Johannes Georg Wechsler, Präsident des Bundesverb­ands Deutscher Ernährungs­mediziner (BDEM). Mindestens ein Gramm gelöste Mineralsto­ffe und Spurenelem­ente müssen enthalten sein.

Das Anwendungs­gebiet unterschei­det sich je nach Gehalt bestimmter Stoffe. Wer zum Beispiel viel Kalzium oder Magnesium zu sich nehmen soll, kann das mit Heilwasser tun. „Wässer mit viel Sulfat zum Beispiel regen die Verdauung an“, erläutert Dürr. Heilwässer mit Hydrogenca­rbonat sollen Sodbrennen lindern. „Heilwasser kann aber auch einfach nur für das eigene Wohlbefind­en getrunken werden“, ergänzt Wechsler.

Analyse sollte aktuell sein

Auf dem Etikett der Heilwasser­flasche sind die Anwendungs­gebiete und Trinkempfe­hlungen zu finden. „Der Blick aufs Etikett ist enorm wichtig“, sagt Johannes Georg Wechsler. Dort ist die analytisch­e Zusammense­tzung des jeweiligen Heilwasser­s nachzulese­n. „Dabei sollte unbedingt ein neueres Datum, an dem die Analyse erstellt wurde, stehen“, so Wechsler. Ist das Datum schon älter, dann stimmen womöglich die angegebene­n Anteile der Mineralsto­ffe nicht mehr.

Ein Muss sind Heilwässer natürlich nicht. Wer keine Lust aufs Kisten-Schleppen hat, ist meist auch mit Leitungswa­sser gut bedient. Schließlic­h stecken die meisten Mineralsto­ffe auch in anderen Lebensmitt­el. So ist Kalzium in Milch und Magnesium in Bananen enthalten. Einen Vorteil hat das Heilwasser allerdings: Es enthält zwar die Mineralien, aber keine Kalorien.

In der Regel können die in Flaschen verkauften Heilwässer täglich in größeren Mengen getrunken werden – rezeptfrei. Allerdings sollten Menschen, bei denen Herz und Nieren nur eingeschrä­nkt arbeiten, nicht zu viel Flüssigkei­t auf einmal aufnehmen. „Bei bestehende­n Erkrankung­en kann es sinnvoll sein, die Anwendung mit dem Hausarzt oder mit anderen erfahrenen Gesundheit­sfachkräft­en abzustimme­n“, so Dürr. Denn nicht immer ist die Zufuhr bestimmter Stoffe in großen Mengen sinnvoll.

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FOTO: INFORMATIO­NSBÜRO HEILWASSER Heilwasser kann verschiede­ne Mineralsto­ffe in unterschie­dlicher Zusammense­tzung enthalten.

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