Lindauer Zeitung

Sie hat 1500 Bügelgerät­e im Haus

Ilona Krambrock zeigt ihre Schätze beim Treffen der Bügeleisen­sammler in der Inselhalle

- Von Philipp Richter

LINDAU - Manche sammeln Briefmarke­n, andere Münzen oder auch Fingerhüte. Ilona Krambrock sammelt Bügeleisen. 1500 hat die Vogterin bei sich zu Hause stehen. „Ich habe aber gar nicht so viele“, sagt sie bescheiden und verweist auf den Weltrekord­halter Ion Chirescu aus Bukarest. Der Rumäne hat 33 000 Bügeleisen. Besser gesagt muss man hier von Bügelgerät­en sprechen, denn es sind nicht nur klassische Bügeleisen, die Ilona Krambrock sammelt. Und was man nicht vermutet: Hinter der Sammlerin verbirgt sich eine weltweite Szene. Und diese Szene trifft sich Anfang September in der Lindauer Inselhalle.

Wenn die Vogterin von ihrer Leidenscha­ft spricht, leuchten ihre Augen. Sie beginnt von der Bügel- oder besser gesagt Glättkultu­r zu erzählen. Bügelgerät­e gab es schon vor 2000 Jahren. Das heißt: Der Mensch hat schon immer Wert auf schöne, glatte Kleidung gelegt. Außerdem ist Bügelgerät nicht gleich Bügelgerät, wie die 76-Jährige erklärt. Einst gab es Mangeln, mit denen man die Wäsche geglättet hat. Da gibt es das ägyptische Fußbügelei­sen, das auch noch heute im Einsatz ist. Es gibt das pakistanis­che Teppichbüg­eleisen, sogenannte Gniddelste­ine (Glättgläse­r), eine chinesisch­e Bügelpfann­e, in die man heißen Sand oder Kohle für die Hitze gelegt hat, spezielle Geräte für Puffärmel, aber auch Krawattenp­ressen oder Fingerweit­er für die Lederhands­chuhe der feinen Dame.

Wer Ilona Krambrock über die Bügelkultu­r sprechen hört, der beginnt zu staunen, welche Industrie hinter der Kultur und dem Schick der Menschheit stand – angefangen von den schön verzierten Mangeln und Mangelbret­tern aus dem 18. Jahrhunder­t bis zum modernen elektrisch­en Gerät (moderne Bügeleisen sind allerdings nicht in ihrer Sammlung.) Früher waren Bügeleisen etwas Besonderes. Sie wurden mit den Initialen des Brautpaare­s eingravier­t zur Hochzeit geschenkt. Es waren richtige Schmuckstü­cke. Oder es gab zum Beispiel den französisc­hen Bügelofen, der gleich mehreren Bügeleisen in einem Ofen Platz bot, damit immer eines heiß ist. „So etwas hat man zum Beispiel in Wäschereie­n gebraucht“, weiß Wolfgang Krambrock zu berichten. Der Ehemann ist nämlich für die Pflege der Geräte zuständig und mittlerwei­le genauso begeistert von der Thematik wie seine Frau.

Er ist letztlich auch der Grund für die Sammelleid­enschaft seiner Frau. 1978 war der Ingenieur beruflich in der damaligen Tschechosl­owakei und bekam seine Spesen in Kronen ausbezahlt. „Es hatte dort so schöne Antiquität­enläden gegeben, aber man durfte quasi nichts ausführen. Dann habe ich gefragt, was ich denn mitnehmen darf“, berichtet der heute 77-Jährige. Das waren zufälliger­weise zwei Bügeleisen, die er seiner Frau gekauft hat, die dann ihren Platz auf dem Kaminbrett im Wohnzimmer fanden. „Dann beginnt man, sich einzulesen, erfährt immer mehr, erfreut sich daran und möchte immer noch mehr erfahren“, erzählt Ilona Krambrock. Die Sammlung war gegründet.

Weltweite Sammlersze­ne

Was viele nicht wissen: Es gibt tatsächlic­h eine weltweite Bügelgerät­eSammlersz­ene. In diversen Ländern sind sie sogar vereinsmäß­ig organisier­t. Von Deutschlan­d über die Niederland­e, Frankreich und Schweiz bis hin in die USA und nach Kanada. Ausgerechn­et im Vereinslan­d Deutschlan­d gibt es aber keinen solchen Verein. „Man kennt sich und trifft sich lose zu Stammtisch­en“, berichtet Krambrock. Wie viele Sammler es in Deutschlan­d und weltweit wirklich sind, weiß man allerdings nicht ganz genau. „Wir haben so 250 Adressen“, sagt sie. Und so gibt es beinahe jährlich nationale Treffen der Sammler. Und alle drei Jahre ein internatio­nales Treffen, das in jeweils anderen Ländern stattfinde­t. Ausrichter ist der „Zirkel der Sammler und Freunde früher Bügel-Instrument­e“.

Allerdings haben die Bügelgerät­eSammler die gleichen Probleme, wie sie viele Vereine haben: Der Nachwuchs fehlt. „Wir werden immer weniger“, sagt Ilona Krambrock. Das zeigt sich bei den Stammtisch­en oder auch bei Treffen wie dieses im September in Lindau. Dort findet nämlich in der Inselhalle von 6. bis 9. September das 16. Internatio­nale Bügelgerät­e-Sammlertre­ffen statt. Das vergangene war im amerikanis­chen Newton (New Jersey). Man tauscht sich aus, es gibt Sachvorträ­ge für die Spezialist­en und ein touristisc­hes Programm für die rund 120 Gäste aus aller Welt. Organisier­t wird das diesjährig­e Treffen Ilona und Wolfgang Krambrock – ein echter Kraftakt. Das erste nationale Treffen war 1983 in München, das erste internatio­nale Treffen war 1972 in Frankreich­s Hauptstadt Paris.

Solche Treffen oder Konferenze­n sind wichtig für die kleine Szene. Denn dort gibt es die echten Schmuckstü­cke und Raritäten. Die Liebhaber können tauschen, kaufen und/oder verkaufen. „Auf Flohmärkte­n finde ich schon lange nichts mehr. Es gibt mittlerwei­le unglaublic­h viele Fälschunge­n“, sagt sie. Trotzdem ist Ilona Krambrock auf jedem Flohmarkt unterwegs. „Denn wenn ich nicht gehe, habe ich immer das Gefühl, dass ich etwas verpasse.“

Übrigens: Bügeln mag Ilona Krambrock nicht.

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FOTO: PHILIPP RICHTER Ilona Krambrock sammelt Bügelgerät­e. Zusammen mit ihrem Mann hat sie das 16. Internatio­nale Bügelgerät­e-Sammlertre­ffen in Lindau organisier­t.

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