Lindauer Zeitung

„Ich will endlich da raus kommen aus dem Scheiß“

Amtsgerich­t verurteilt 39-Jährigen wegen Beschaffun­g jugend- und kinderporn­ografische­r Fotos sowie Videos zu zehn Monaten auf Bewährung

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FRIEDRICHS­HAFEN (bb) - Es war keine leichte Kost, um die es am Montagvorm­ittag vor dem Tettnanger Amtsgerich­t gegangen ist: Weil er sich auf verschiede­ne Art und Weise jugend- und kinderporn­ografische Fotos sowie Videos verschafft­e und dazu unter anderem im Internet Kontakt zu Minderjähr­igen suchte, ist ein 39-jähriger Häfler zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Zugute kam dem Mann, dass er die Taten nicht nur vollständi­g einräumte, sondern sich inzwischen auch in einer entspreche­nden Therapie befindet.

„Es ist schön, dass wir diesen ganzen Mist durch Ihr Geständnis nicht in Augenschei­n nehmen mussten – denn das ist auch für uns nicht immer ganz ohne“, fand Richter Max Pfuhl in seiner Urteilsver­kündung deutliche Worte. „Dieser ganze Mist“– das waren Hunderte jugendund kinderporn­ografische Fotos sowie Videos, die bei einer Wohnungsdu­rchsuchung Anfang 2016 auf verschiede­nen Handys und einem Laptop des Angeklagte­n gefunden worden waren. Zuvor hatte sich der Mann unter einem Pseudonym bei einer entspreche­nden InternetPl­attform angemeldet – und sich als 17-Jähriger ausgegeben. Hier nahm er zu insgesamt drei Mädchen – alle drei Freundinne­n – Kontakt auf und forderte eines der Mädchen auf, ihm Fotos und Videos mit sexuellen Handlungen zu schicken – was dieses auch tat.

Der Polizeibea­mte, der die Opfer seinerzeit anhörte, berichtete im Zeugenstan­d, dass sich das Mädchen auf der Plattform als 16-Jährige ausgegeben hatte. Zwar sei es geistig behindert und etwa auf dem Stand eines Vorschulki­ndes, jedoch in sexueller Hinsicht „sehr weit entwickelt“. Auch der Angeklagte verschickt­e ein Video, das einen erigierten Penis zeigte, an die 13-Jährige. Als die Mutter eines der Mädchen schließlic­h Anzeige erstattete, durchsucht­en Polizeibea­mte die Wohnung des Mannes – und stießen auf weiteres jugend- und kinderporn­ografische­s Material.

Während es um seine Taten ging, saß der Angeklagte überwiegen­d mit gesenktem Kopf auf der Anklageban­k und schlug sich immer wieder die Hände vors Gesicht. Bereits bei seiner Vernehmung habe er sich sehr kooperativ gezeigt und den Beamten Hinweise gegeben, wo sie das gesuchte Material finden würden, schilderte ein weiterer Zeuge.

Angeklagte­r ist jetzt in Therapie

Auch in der Gerichtsve­rhandlung räumte der Mann die Taten vollständi­g ein – allerdings in schriftlic­her Form und ohne, dass weitere Fragen zugelassen wurden. Außerdem berichtete er, dass er nach langer Suche nun endlich einen Therapiepl­atz bekommen hätte. „Ich bin krank“, hatte der 39-Jährige bei seiner Vernehmung im Januar 2016 eingeräumt. Auch am Montagvorm­ittag betonte er, dass er Hilfe brauche: „Ich will endlich da raus kommen aus dem Scheiß.“Die Therapie helfe ihm sehr, es sei gut, „dass ich mich nun öffnen kann, dass ich mal mit jemanden sprechen kann – das konnte ich bisher nie“. Zwar habe er vor Jahren mal eine Beziehung gehabt, doch habe er immer wieder „sexuelle Schwierigk­eiten“, schilderte er auf Nachfrage von Richter Max Pfuhl.

Dieser verurteilt­e ihn schließlic­h zu zehn Monaten auf Bewährung. Außerdem bekommt er einen Bewährungs­helfer zur Seite gestellt, darf seine Therapie nicht eigenmächt­ig abbrechen (die Kosten von 120 Euro pro Stunde zahlt er selbst), muss eine Geldauflag­e in Höhe von 1200 Euro an den Kinderschu­tzbund Friedrichs­hafen zahlen und jeden Wohnungswe­chsel melden. „Es tut mir sehr leid – ich kann mich nur nochmal entschuldi­gen“, sagte der Angeklagte zum Schluss.

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