Überholmanöver wird teuer
Amtsgericht verurteilt Österreicher nach Crash auf der A96.
LINDAU - Ein waghalsiges Manöver auf der Autobahn ist einem 25-Jährigen nun teuer zu stehen gekommen: Richter Moritz von Engel vom Amtsgericht Lindau verurteilte den Österreicher zu einer Geldstrafe von 6400 Euro wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung sowie unerlaubtem Entfernens vom Unfallort. Außerdem darf er neun Monate in Deutschland nicht Auto fahren.
Unstrittig war, dass es im Oktober vergangenen Jahres nach einem Überholmanöver auf der A 96 Höhe Weißensberg zu einem Unfall gekommen ist. Vor Gericht war jetzt zu klären, ob der Angeklagte den Unfall durch ein waghalsiges Überholmanöver verursacht hatte und ob er danach vom Unfallort geflüchtet war.
Laut Anklage der Staatsanwaltschaft ist der junge Mann nach dem Pizzaessen mit zwei Freunden auf Höhe Weißensberg auf die Autobahn aufgefahren. Dort sei er direkt vom Beschleunigungsstreifen auf die linke Fahrspur gewechselt, obwohl sich von hinten ein Ford mit hoher Geschwindigkeit genähert habe. Um einen Aufprall zu vermeiden, musste der Ford-Fahrer laut Anklage nach rechts ausweichen, kam auf den Grünstreifen, fuhr ein Verkehrsschild um und stoppte erst 15 Meter weiter. Der Mann hatte Glück im Unglück: Er erlitt nur ein Schleudertrauma und einen Schock, an dem Auto, einem Leihwagen, entstand ein Sachschaden von 5200 Euro. Doch anstatt sich um den Verunglückten zu kümmern, so die Staatsanwältin weiter, sei der Angeklagte einfach weitergefahren.
Angeklagter will keinen Unfall bemerkt haben
Der hatte den Vorfall indes anders in Erinnerung: Er sei mit zwei weiteren Autos auf den Beschleunigungsstreifen der Autobahn gefahren – und dann zunächst auf die rechte Spur gewechselt. Dann habe eines der Fahrzeuge vor ihm auf die linke Spur gezogen, um zu überholen. Diesem Auto will der Angeklagte auf die Überholspur gefolgt sein. Zu diesem Zeitpunkt habe er aber noch kein anderes Auto von hinten kommen sehen, betonte der Angeklagte. Da der Überholvorgang seines Vordermannes „sehr lang“gedauert habe, tauchte plötzlich der Ford in seinem Rückspiegel auf. Auf die rechte Spur habe er nicht mehr wechseln können, ohne einen Unfall zu verursachen, beteuerte der Angeklagte. Dass der Ford hinter ihm zu einem folgenreichen Ausweichmanöver gezwungen wurde, will er nicht bemerkt haben, obwohl er dessen Warnblinkanlage gesehen habe. Auch seine Freunde im Auto hätten ihm versichert, dass nichts passiert sei.
Diese Version des Unfalls bestätigte vor Gericht allerdings nur ein 23-jähriger Freund, der mit ihm Auto saß. Er betonte, dass sie zunächst auf der rechten Spur waren, bevor sie zum Überholen ansetzten. Der FordFahrer, der hinter ihnen „angerast“kam, hätte „geschlafen“, so der Zeuge weiter: „Der hat nur 50 Meter vor uns angefangen zu bremsen.“Er habe bei seinem kurzen Blick nach hinten zwar gesehen, dass das Auto stehen geblieben sei, der Zeuge betonte aber. „Von einem Unfall habe ich nichts gesehen.“Das habe er auch so dem Angeklagten gesagt. Der zweite Beifahrer hatte damals bei der Polizei ausgesagt, dass er so mit seinem Handy beschäftigt war, dass er nichts mitbekommen habe.
Mit dieser Version des Unfalls waren sie allerdings allein. Neben dem Geschädigten sagten alle unbeteiligten Zeugen unisono aus, dass der Österreicher direkt vom Beschleunigungsstreifen auf die linke Spur gefahren sei. Einer Zeugin war der Angeklagte bereits auf der Landstraße durch seinen drängelnden Fahrstil aufgefallen. An weitere Fahrzeuge, die auf die linke Spur gefahren sein sollen, konnten sie sich nicht erinnern. Für die Staatsanwältin hatten die Zeugen den Angeklagten klar überführt. Sie war davon überzeugt, dass dieser den Unfall bemerkt haben musste und forderte 90 Tagessätze von 80 Euro und eine Fahrsperre von einem Jahr. Der Verteidiger meinte jedoch, dass es weder eindeutig bewiesen sei, dass sein Mandant rücksichtslos gefahren sei, noch, dass dieser den Unfall bemerkt habe. Er forderte daher Freispruch – nach dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten. Der Richter hatte keine Zweifel. Es gebe keinen Anlass, an den Aussagen der unbeteiligten Zeugen zu zweifeln, sagte von Engel. Der Angeklagte sei grob verkehrswidrig und rücksichtslos gefahren, unabhängig davon, ob noch weitere überholt haben. Der Richter sah es als erwiesen an, dass sich der Angeklagte unerlaubt vom Unfallort entfernt hatte. Er verurteilte ihn daher wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung sowie unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu 80 Tagessätzen von 80 Euro und einem neunmonatigen Fahrverbot in Deutschland.