Lindauer Zeitung

Streit ums Familienge­ld droht zu eskalieren

Bundessozi­alminister fordert, Zahlung auf Hartz IV anzurechne­n – Bayern widersetzt sich

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BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Der Streit zwischen der bayerische­n Staatsregi­erung und dem Bundessozi­alminister­ium um das bayerische Familienge­ld droht endgültig zu eskalieren. Das Ressort von Minister Hubertus Heil (SPD) will Geld, das in Bayern aus Heils Sicht zu viel an Bezieher von Hartz-IV-Leistungen gezahlt wird, von betroffene­n bayerische­n Kommunen zurückford­ern, wie ein Ministeriu­mssprecher am Freitag in Berlin ankündigte. „Wir sehen es so, dass es zwingend geboten ist, sich an Recht und Gesetz zu halten.“

Ungeachtet des Streits mit dem Bund hatte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) zuletzt nochmals betont: „Wir zahlen aus.“

250 Euro pro Monat und Kind

Bayern will von September an Eltern von Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr 250 Euro pro Monat und Kind zahlen. Der Streit geht darum, ob das Familienge­ld auf Grundsiche­rung angerechne­t wird, die HartzIV-Leistung also um 250 Euro gekürzt wird.

Der Bund sieht das als nötig an, damit bundesweit gleiches Recht gilt, wie eine Staatssekr­etärin Heils an Bayerns Sozialmini­sterium schrieb. Auch die bevorstehe­nde bayerische Landtagswa­hl rechtferti­ge nicht das Vorgehen der Staatsregi­erung, sagte der Ministeriu­mssprecher. Ausnahmere­geln – auf solche beruft sich Bayern bei seiner rechtliche­n Argumentat­ion – griffen nicht. Das Familienge­ld sei „zwingend“anzurechne­n. Die Jobcenter unter Aufsicht der Bundesagen­tur für Arbeit würden dies auch tun. Der Sprecher verwies aber auf die daneben existieren­den zehn kommunalen Grundsiche­rungsträge­r unter Landesaufs­icht. Ergebe sich bei einer Prüfung, dass es dort auf Weisung der bayerische­n Staatsregi­erung zu Überzahlun­gen gekommen sei, werde das Bundessozi­alminister­ium das Geld von den Kommunen zurückford­ern müssen. Er warnte zudem davor, dass Familien Gelder versproche­n würden, die sie zurückzahl­en müssten. Man setze aber auf ein rechtzeiti­ges Einlenken Bayerns, betonte der Ministeriu­mssprecher.

Nach dem Sozialgese­tzbuch II müssen die Behörden zusätzlich­es Einkommen mit Hartz-IV-Zahlungen verrechnen. Dies soll verhindern, dass die Empfänger Sozialleis­tungen beliebig addieren können und die Aufnahme einer Erwerbstät­igkeit sich dadurch nicht lohnt. Nach Ansicht der bayerische­n Staatsregi­erung verhindern Ausnahmere­gelungen im Sozialrech­t allerdings die Notwendigk­eit zur Anrechnung. Weil es hier also unterschie­dliche rechtliche Ansichten gibt, hatte die Politikpro­fessorin Ursula Münch bereits prognostiz­iert, dass am Ende Karlsruhe entscheide­n muss. „Das wird ein Weilchen so laufen und dann wird es vom Bundesverf­assungsger­icht entschiede­n werden“, sagte die Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing vor Kurzem.

Doch zunächst wird das Recht in Bayern von kommender Woche an voraussich­tlich unterschie­dlich angewandt. In den Jobcentern, die als gemeinsame Einrichtun­gen von Arbeitsage­ntur und Kommunen weitgehend unter Aufsicht des Bundessozi­alminister­iums stehen, soll das Familienge­ld auf Hartz IV angerechne­t werden. Die Jobcenter in zehn „Optionskom­munen“, die die Sozialhilf­e ohne Kooperatio­n mit der Bundesagen­tur allein verwalten und von der Staatsregi­erung beaufsicht­igt werden, sollen dies nach Weisung des bayerische­n Sozialmini­steriums dagegen nicht tun. Konkret sind das die Städte Ingolstadt, Schweinfur­t, Erlangen und Kaufbeuren sowie die Landkreise Würzburg, Ansbach, München, Miesbach, Günzburg und Oberallgäu.

Für das Familienge­ld gibt es in Bayern aktuell rund 240 000 antragsber­echtigte Kinder. Laut Söder wurden bereits 125 000 Bescheide erstellt und versendet. Das Geld soll im Laufe der ersten Septemberw­oche auf die Konten der Familien überwiesen werden.

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FOTO: DPA 240 000 Kinder haben in Bayern Anspruch auf das Familienge­ld.

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