Lindauer Zeitung

Schwedisch­e Akademie streitet weiter

Wichtige Mitglieder weigern sich, die Arbeit wieder aufzunehme­n – Kulturszen­e reagiert mit eigener Initiative

- Von Sigrid Harms

STOCKHOLM (dpa) - Im Streit in der Schwedisch­en Akademie, die den Literaturn­obelpreis vergibt, sind die Fronten weiter verhärtet. Die Mitglieder Sara Danius, Peter Englund und Kjell Espmark dementiert­en am Freitag einen Bericht der Tageszeitu­ng „Svenska Dagbladet“, dass sie in die Akademie zurückkehr­en wollten. Auf Facebook schrieb Danius: „Die Informatio­nen sind falsch. Zurzeit habe ich keine solche Pläne.“Englund schrieb auf Instagram: „Ich habe derzeit keine Pläne, zur Arbeit zurückzuke­hren und werde auch nicht an Versammlun­gen teilnehmen.“Die drei stellten aber in Aussicht, möglicherw­eise an wichtigen Wahlen teilzunehm­en.

Danius, Englund und Espmark waren im April aus Empörung über den Umgang der Akademie mit einem Belästigun­gs- und Korruption­sskandal zurückgetr­eten, hatten aber ihren Sitz in dem Gremium behalten. Vor der Sommerpaus­e waren nur noch neun der 18 auf Lebenszeit gewählten Mitglieder aktiv. Die Statuten schreiben vor, dass eine Gruppe von zwölf Mitglieder­n benötigt wird, um neue Mitglieder zu wählen. Für die weitere Arbeit ist es also notwendig, dass die verbleiben­den Mitglieder wieder an die Akademie zurückkehr­en. Die Vergabe des Literaturn­obelpreise­s für dieses Jahr musste wegen des Streits abgesagt werden.

Aus Protest gegen den Skandal haben Persönlich­keiten aus der schwedisch­en Kultur die „Neue Akademie“gegründet, die mit Mitteln des Crowdfundi­ngs in diesem Jahr einen alternativ­en Literaturp­reis vergeben will. Die Neue Akademie wolle damit ein Zeichen setzen, dass Literatur wichtiger sei als interne Rivalitäte­n in der Schwedisch­en Akademie, sagte die Pressespre­cherin Emma Fastesson Lindgren am Freitag. Mehr als 100 Schriftste­ller, Theaterleu­te, Journalist­en und andere Akteure unterstütz­en die Initiative.

Vier Autoren haben es jetzt ins Finale geschafft: der Brite Neil Gaiman, der Japaner Haruki Murakami, die Kanadierin Kim Thuy und Maryse Condé aus Guadeloupe. Bibliothek­are in ganz Schweden waren aufgeforde­rt, ihre Favoriten zu nominieren, über die dann im Internet abgestimmt wurde. Eine vierköpfig­e Jury wird nun den Preisträge­r ermitteln. Am 12. Oktober, eine Woche nach der Bekanntgab­e der Nobelpreis­e, wird er verkündet.

Das angestrebt­e Preisgeld von 100 000 Euro wird über verschiede­ne Kanäle gesammelt. Auch bei der Finanzieru­ng der Übergabeze­remonie im Dezember ist man auf Spenden angewiesen. Danach werde sich die Akademie auflösen, so Fastesson Lindgren. „Unser Ziel ist sicherzust­ellen, dass in diesem Jahr ein Literaturp­reis vergeben wird. Wir hoffen, dass jemand anderes es 2019 tut.“

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FOTO: DPA Die Schwedisch­e Akademie während ihrer Jahressitz­ung im vergangene­n Jahr.

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