Im Dorfmuseum tickt ein Schatz
Nonnenhorns Museumsverein hat die mechanische Kapellenuhr restauriert.
NONNENHORN - Wenn die Nonnenhorner früher wissen wollten, wie viel Uhr es ist, dann haben sie zum Turm der Nonnenhorner Kapelle hinauf geschaut. Wichtig war, dass „eine zuverlässige, erwachsene Person“alle 24 Stunden das Uhrwerk von Hand aufdreht, so heißt es in der Original-Bedienungsanleitung aus dem Jahr 1830. Auch heute noch tickt die Uhr, nicht mehr im Turm, aber im Nonnenhorner Dorfmuseum.
Gleich im ersten Raum ist das Werk aus Eisen und Messing ausgestellt, auf das Walter Reischmann und Alfred Höpfl vom Museumsverein besonders stolz sind. „Das Uhrwerk hat die Ulmer Firma Hörz gebaut. 1830 ist es nach Nonnenhorn gekommen“, erzählt Reischmann. Jahrzehntelang habe es im Turm seine Dienste getan, aber irgendwann kam der Verschleiß. Es sei einfach nicht mehr gewartet worden, die Kosten dafür seien zu hoch gewesen, sagt Reischmann. Im Jahr 2002 wurde das mechanische Uhrwerk, wie in vielen anderen Kirchen auch, durch ein elektronisches ersetzt. Das alte Uhrwerk wurde aus der Kapelle ausgebaut und im Museumskeller aufbewahrt.
Restauration in Eigenregie
Die Mitglieder des Nonnenhorner Museumsvereins machten sich im Lauf der kommenden Jahre an dessen Restaurierung. „Wir haben uns erst mal gefragt, warum die Uhr nicht läuft“, sagt Reischmann. Dann habe man gesehen, dass die Räder an der Unruh, dem Herz des Schwingsystems,
kaputt seien. „Wir haben die Räder austauschen lassen und neue Drahtseile für die Gewichte angebracht“, sagt Reischmann, „und seitdem läuft die Uhr und läuft und läuft.“
Gerade als er das sagt, erklingt die am Uhrwerk installierte Glocke. An der Decke sind drei schwere Sandsteine als Gewichte befestigt, die langsam von der Decke herabkommen und über mehrere Zahnradstufen den Glockenschlag viertelstündlich auslösen.
Die Glocken haben Reischmann und Co. nachträglich angebracht. Die Originale blieben in der Kapelle. Reischmann und Höpfl sind stolz, dass sie die mechanische Handwerkskunst heute im Museum vorführen können. „Ich kenne in der näheren Umgebung kein Original-Uhrwerk, das heute noch läuft“, sagt Höpfl. Das mache das Nonnenhorner Uhrwerk
zu etwas besonderem. Außerdem: „Die Kapelle war für uns früher der Mittelpunkt im Dorf, bis im Jahr 1961 die Kirche kam“, sagt sich Reischmann. Auch daran erinnere das Uhrwerk.
Seit 25 Jahren gibt es das Dorfmuseum Nonnenhorn. Reischmann und
Höpfl würden ihm Unrecht tun, würden sie nicht auch auf andere Schätze im Museum verweisen. Hinter dem ersten Raum mit dem Uhrwerk eröffnet sich ein riesiges Sammelsurium an Nonnenhorner Habseligkeiten: ein Spätzledrücker, ein wohl klingendes Harmonium oder eine Schulbank mit akribisch geführten Schulheften darauf. Die Ausstellungsstücke im Museum stammen fast gänzlich von Nonnenhornern, sagt Reischmann.
Radfahrgeschichte Nonnenhorns
Der hintere Teil des Gebäudes ist an sich schon eine Besonderheit, denn seine Holzwände sind noch Original aus dem Jahr 1580, als das Gebäude als ein Bauernhaus errichtet wurde. Erst etwa in den 1930er-Jahren sei der vordere Teil des Hauses durch die Likörfabrik Köno errichtet worden, erinnern sich Reischmann und Höpfl.
Im oberen Geschoss steht in der hinteren Ecke ein Wegweiser. Zunächst sieht er ganz unscheinbar aus. Rote Schrift auf Holz zeigt zwei Richtungen an: Rechts geht es nach Nonnenhorn, links nach Rorschach. Das Schild stammt aus dem Jahr 1963, erzählt Reischmann. Da gab es den berühmten, harten Winter, bei dem der See komplett zufror. Zur Orientierung sei das Schild angebracht worden.
Ebenfalls gut dokumentiert ist die Radfahrgeschichte Nonnenhorns. Alte Fahnen und Fotos des Radfahrvereins „Fröhlichkeit“aus dem Jahr 1901 hängen an den Wänden des Museums. Auf einem Foto sind Frauen zu sehen, alle in weißen Kleidern, die in Reih und Glied Fahrrad fahren. „Das ist ein Fahrrad-Korso“, sagt Reischmann schmunzelnd. Es habe halt damals noch keine Autos gegeben. Im Dachgeschoss sind außerdem alte Fahrräder der Radballer des Vereins ausgestellt. Die Lenker strecken sich wie ein Geweih in die Luft. „Sowas gibt es in Nonnenhorn heute gar nicht mehr“, sagt Reischmann. Nur gut, dass im Nonnenhorner Dorfmuseum noch Platz für diese Schätze ist.
Einen 360-Grad-Rundgang durch das Dorfmuseum finden Sie online unter www.schwaebische.de/ lindau-steht-kopf. Dort gibt es auch viele andere Rundgänge durch historische Häuser in der Lindauer Umgebung.
„Ich kenne in der näheren Umgebung kein Original-Uhrwerk, das heute noch läuft.“Alfred Höpfl