Wie tief ist der Bodensee wirklich?
Neuvermessung und Kartografie eines Gewässers
Mit hochmoderner Technik wurde in den Jahren 2013 und 2014 der Grund des Bodensees neu vermessen. Immer wieder zog das Forschungsschiff Kormoran auf dem Bodensee seine Bahnen, um mittels Echolot-Verfahren die tieferen Regionen des Sees zu erkunden. Für die Flachwasserzonen kamen Laserscanning-Methoden zum Einsatz, die vom Flugzeug aus durchgeführt wurden. Das grenzübergreifende, von der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) initiierte und von der EU geförderte Projekt „Tiefenschärfe – Hochauflösende Vermessung Bodensee“lieferte damit ein detailgenaues 3-D-Modell des gesamten Seebeckens.
Die jetzt möglichen Darstellungen und Analysemöglichkeiten bieten ein großes Informationspotential. Dass die maximale Tiefe des Bodensees nach neuestem Kenntnisstand jetzt mit 251 Metern – und nicht wie bislang angenommen mit 253,5 Metern – angegeben werden sollte, ist dabei sicherlich eine Randnotiz. Viel interessanter sind die vielfältigen Strukturen am Grunde und an den Hängen des Sees, die nun zu erkennen sind. Der unerwartete Formenreichtum zeigt Canyons und Hügel, Flussläufe und Hangrutschungen und vieles mehr.
Mit den neuen Daten sind auch optimale Grundlagen geschaffen, um einen zuverlässigen, vorsorgenden Natur- und Gewässerschutz leisten zu können und wasserbauliche Maßnahmen bewertend zu planen. Auch der Denkmalschutz wird in erheblichem Maße davon profitieren. Für die sehr dynamische und stark beanspruchte Flachwasserzone und die hohen Sedimenteinträge an Flussmündungen sind die gewonnenen Daten ein wichtiger Referenzzustand zum besseren Verständnis künftiger Veränderungen. Übrigens: Karten und aufbereitete Daten werden für die Öffentlichkeit bereitgestellt und können kostenfrei im Internet genutzt werden!
Dem jüngsten Vermessungsprojekt gingen bereits in den Jahren 1986 und 1990 ähnliche Vorhaben voraus, jeweils nach dem Stand der damaligen Technik. Als erste umfassende Darstellung der Bodenseetiefen kann jedoch die 1895 vom Eidgenössischen Topographischen Bureau erstellte Bodenseekarte gelten. Sie war vom Bodensee-Geschichtsverein angeregt worden. Der damalige Präsident Graf Eberhard von Zeppelin koordinierte die Vorarbeiten, die von den fünf Anrainer-Staaten Baden, Bayern, Österreich, Schweiz und Württemberg gemeinsam durchgeführt und finanziert wurden.
Alte Kartendarstellungen des Sees
Auf Grundlage von insgesamt 11 147 Lotungen in Ober- und Untersee wurde seinerzeit eine maximale Seetiefe von 251,8 Metern im Obersee und 46,4 Metern im Untersee bestimmt. Der Seespiegel wurde wie heute mit 395 Metern über NN angegeben. Natürlich gab es aber schon lange vor dieser Zeit kartografische Darstellungen des Bodensees und seiner Umgebung. Zu den bekanntesten zählen die Karten von Sebastian Münster (um 1540), Leonhard Straub (1579) Christoph Hurter (1649) und Matthias Seutter (um 1740). Neben der reinen Topografie gehen aus den alten Kartenwerken immer wieder auch die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Anrainern hervor. Der Bodensee wird nämlich häufig als Verkehrsdrehscheibe mit einer Vielzahl von Frachtschiffen dargestellt.
Der internationale BodenseeGeschichtsverein feiert in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass erscheint Ende Oktober ein Jubiläumsband, dem der vorstehende Beitrag entnommen ist: Harald Derschka/Jürgen Klöckler (Hg.): Der Bodensee. Natur und Geschichte aus 150 Perspektiven. Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag 2018, 25 Euro.