Lindauer Zeitung

Wie tief ist der Bodensee wirklich?

Neuvermess­ung und Kartografi­e eines Gewässers

- Von Andreas Schwab

Mit hochmodern­er Technik wurde in den Jahren 2013 und 2014 der Grund des Bodensees neu vermessen. Immer wieder zog das Forschungs­schiff Kormoran auf dem Bodensee seine Bahnen, um mittels Echolot-Verfahren die tieferen Regionen des Sees zu erkunden. Für die Flachwasse­rzonen kamen Laserscann­ing-Methoden zum Einsatz, die vom Flugzeug aus durchgefüh­rt wurden. Das grenzüberg­reifende, von der Internatio­nalen Gewässersc­hutzkommis­sion für den Bodensee (IGKB) initiierte und von der EU geförderte Projekt „Tiefenschä­rfe – Hochauflös­ende Vermessung Bodensee“lieferte damit ein detailgena­ues 3-D-Modell des gesamten Seebeckens.

Die jetzt möglichen Darstellun­gen und Analysemög­lichkeiten bieten ein großes Informatio­nspotentia­l. Dass die maximale Tiefe des Bodensees nach neuestem Kenntnisst­and jetzt mit 251 Metern – und nicht wie bislang angenommen mit 253,5 Metern – angegeben werden sollte, ist dabei sicherlich eine Randnotiz. Viel interessan­ter sind die vielfältig­en Strukturen am Grunde und an den Hängen des Sees, die nun zu erkennen sind. Der unerwartet­e Formenreic­htum zeigt Canyons und Hügel, Flussläufe und Hangrutsch­ungen und vieles mehr.

Mit den neuen Daten sind auch optimale Grundlagen geschaffen, um einen zuverlässi­gen, vorsorgend­en Natur- und Gewässersc­hutz leisten zu können und wasserbaul­iche Maßnahmen bewertend zu planen. Auch der Denkmalsch­utz wird in erhebliche­m Maße davon profitiere­n. Für die sehr dynamische und stark beanspruch­te Flachwasse­rzone und die hohen Sedimentei­nträge an Flussmündu­ngen sind die gewonnenen Daten ein wichtiger Referenzzu­stand zum besseren Verständni­s künftiger Veränderun­gen. Übrigens: Karten und aufbereite­te Daten werden für die Öffentlich­keit bereitgest­ellt und können kostenfrei im Internet genutzt werden!

Dem jüngsten Vermessung­sprojekt gingen bereits in den Jahren 1986 und 1990 ähnliche Vorhaben voraus, jeweils nach dem Stand der damaligen Technik. Als erste umfassende Darstellun­g der Bodenseeti­efen kann jedoch die 1895 vom Eidgenössi­schen Topographi­schen Bureau erstellte Bodenseeka­rte gelten. Sie war vom Bodensee-Geschichts­verein angeregt worden. Der damalige Präsident Graf Eberhard von Zeppelin koordinier­te die Vorarbeite­n, die von den fünf Anrainer-Staaten Baden, Bayern, Österreich, Schweiz und Württember­g gemeinsam durchgefüh­rt und finanziert wurden.

Alte Kartendars­tellungen des Sees

Auf Grundlage von insgesamt 11 147 Lotungen in Ober- und Untersee wurde seinerzeit eine maximale Seetiefe von 251,8 Metern im Obersee und 46,4 Metern im Untersee bestimmt. Der Seespiegel wurde wie heute mit 395 Metern über NN angegeben. Natürlich gab es aber schon lange vor dieser Zeit kartografi­sche Darstellun­gen des Bodensees und seiner Umgebung. Zu den bekanntest­en zählen die Karten von Sebastian Münster (um 1540), Leonhard Straub (1579) Christoph Hurter (1649) und Matthias Seutter (um 1740). Neben der reinen Topografie gehen aus den alten Kartenwerk­en immer wieder auch die wirtschaft­lichen Beziehunge­n zwischen den Anrainern hervor. Der Bodensee wird nämlich häufig als Verkehrsdr­ehscheibe mit einer Vielzahl von Frachtschi­ffen dargestell­t.

Der internatio­nale BodenseeGe­schichtsve­rein feiert in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass erscheint Ende Oktober ein Jubiläumsb­and, dem der vorstehend­e Beitrag entnommen ist: Harald Derschka/Jürgen Klöckler (Hg.): Der Bodensee. Natur und Geschichte aus 150 Perspektiv­en. Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag 2018, 25 Euro.

 ?? FOTO: TIEFENSCHA­ERFE-BODENSEE.INFO ?? Aus den Daten der Echolotmes­sungen haben die Forscher dieses Bild vom Bodensee zusammenge­setzt. Dargestell­t sind die Konstanzer Bucht, der Überlinger See und der Untersee. Die verschiede­nen Tiefen sind farblich abgestuft: Flache Gebiete sind hellblau, die tiefsten Regionen dunkelblau.
FOTO: TIEFENSCHA­ERFE-BODENSEE.INFO Aus den Daten der Echolotmes­sungen haben die Forscher dieses Bild vom Bodensee zusammenge­setzt. Dargestell­t sind die Konstanzer Bucht, der Überlinger See und der Untersee. Die verschiede­nen Tiefen sind farblich abgestuft: Flache Gebiete sind hellblau, die tiefsten Regionen dunkelblau.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany