Lindauer Zeitung

„Wir haben gemerkt, dass uns der Punk nicht steht“

Die Indiepopba­nd Tonbandger­ät spricht über ihre Entwicklun­g

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Mit „Zwischen all dem Lärm“erscheint am Freitag das dritte Album der Indiepopba­nd Tonbandger­ät. Daniel Hadrys hat mit Ole (Gesang, Keyboard), Isa (Bass) und Jakob (Schlagzeug) über die dort vertretene­n Themen, die Zusammenar­beit mit Turbostaat­Sänger Jan Windmeier und den Plan B der Musiker gesprochen.

Was sind denn die Themen eures aktuellen Albums?

Ole: Wir haben die Band als Schüler gegründet und sind Schritt für Schritt weitergega­ngen. Die Bühnen wurden größer, es kamen mehr Leute. Es lief sehr organisch, wir haben das nie hinterfrag­t. Nach dem zweiten Album haben wir plötzlich gemerkt: Irgendwas funktionie­rt hier gerade nicht. Wir hatten Stress mit dem Label. Sophia hat 40 Songs geschriebe­n. Es war nie so, dass alle das megageil fanden. Wir haben dann noch Songs in anderen Konstellat­ionen geschriebe­n. Es war so viel Krach um uns. Das hat dazu geführt, dass wir zusammenge­kommen sind und geschaut haben, worauf wir Bock haben. „Zwischen all dem Lärm“beschreibt das ganz gut.

Sophia schreibt die Texte. Wie viel Ole steckt denn in den Songs?

Ole: Man textet über das, was um einen herum passiert. Wir haben in den letzten Jahren so viel zusammen erlebt, dass das die gemeinsame Lebenswirk­lichkeit wurde.

Im Song „Brennessel­blumen“singst du: „Tschüss Karrierele­iter – Ich nehm‘ die Graustufen“. Habt ihr einen Plan B?

Ole: Wir haben jeder ein Studium angefangen, jeder etwas anderes. Drei haben zu Ende studiert, ich auf Lehramt. Isa: Ich studiere noch Jura. Der Plan ist, dass ich irgendwann vielleicht Musikrecht mache. Jakob: Wir sind nicht die klassische­n Musiker, die eine Ausbildung an einer Musikhochs­chule gemacht haOle: ben und alles auf den Erfolg einer Band setzen. Nach der Schule war irgendwann klar, dass wir mit der Musik weitermach­en, weil das unsere Leidenscha­ft ist. Das war aber nie das erklärte Ziel, der Größte zu werden. Seit sechs, sieben Jahren können wir davon leben.

Ein Song auf eurem neuen Album heißt „Reisegrupp­e Angst und Bange“. Wovor fürchtet ihr euch?

Ole: Gerade passiert sehr viel um uns herum. Der Song ist aus diesem Gefühl heraus entstanden, irgendwas geht gerade zu Ende. Beispielsw­eise wenn einer sagt: Ich hau ab, und alles bricht zusammen. Oder das Gefühl des letzten Sommers, bevor die Schule zu Ende geht, und danach geschieht etwas Großes.

Jan Windmeier, Sänger der Deutschpun­kband Turbostaat, singt in dem Song mit. Wie ist es dazu gekommen?

Wir sind alle große Turbostaat­Fans. Wir fanden den Kontrast ziemlich cool. Ein Turbostaat-Feature würde der Tonbandger­ät-Fan nicht erwarten. Unser Produzent hat auch mit der Band zusammenge­arbeitet, Jan hatte Lust darauf.

Künstler und Bands wie Revolverhe­ld oder Mark Forster sind gerade sehr erfolgreic­h. Habt ihr das Gefühl, dass die Zeiten für deutschspr­achigen Pop günstig sind?

Jakob: Man sieht schon, dass deutschspr­achiger Pop viel größer geworden ist. Tonbandger­ät gibt es mittlerwei­le auch seit elf Jahren. Als wir angefangen haben, war das noch nicht so verbreitet. Es gibt immer mehr Künstler, die deutschspr­achige Musik machen und damit ein großes Publikum anziehen. Isa: Ich habe eher das Gefühl, dass es etwas rückläufig ist. Unsere Gitarristi­n Sophia schreibt die Songs. Sie hatte das Gefühl, dass sie sich auf Deutsch besser ausdrücken kann. Sie hat sich nicht aufgrund irgendeine­s Trends dazu entschloss­en. Ole: Als wir 2007 angefangen haben, war das sehr uncool, es gab Silbermond, Revolverhe­ld und Tokio Hotel. Auf der anderen Seite gab es die Hamburger Schule um Kettcar, in deren Umfeld wir auch aufgewachs­en sind. Das ist aber ganz klar kein Pop.

Wieso habt ihr euch damals nicht für die Hamburger Schule entschiede­n?

Isa: Wir haben das früher viel gehört. Als wir angefangen haben, waren wir große Fans von Tocotronic und Blumfeld. Es hat sich aber so ergeben, dass wir Popmusik machen. Ole: Am Anfang waren wir auch deutlich punkiger. Wir haben aber gemerkt, dass uns das nicht steht. Wir haben herumexper­imentiert und sind dort gelandet, wo wir gerade sind.

Haben Künstler, die auf Deutsch singen und hierzuland­e viele Menschen erreichen, eine besondere Verantwort­ung?

Ole: Als Band spricht man mehr über so etwas. Wir haben zu einer Single eine Aktion gestartet „Ich komm jetzt heim“. Wir haben zusammen mit Flüchtling­en Kunst gemacht und ein großes Konzert für Amnesty Internatio­nal gespielt. Das hat sich gut angefühlt. Isa: Ein politische­r Schwerpunk­t war nicht unser Ansatz, als wir diese Band gegründet haben. Es war wichtig, dass wir unsere Meinung trotzdem kundtun. Die muss aber nicht in jedem Song stecken. Ole: Je länger man Musik macht, desto mehr arbeitet man sich an Themen ab, die einen beschäftig­en.

Live: 25.10. Freiburg, Waldsee; 26.10. Stuttgart, Club Cann; 27.10. München, Strom.

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FOTO: DENNIS DIRKSEN Isa Poppensiek­er, Ole Specht, Sofia Poppensiek­er und Jakob Sudau (von links) veröffentl­ichen am 7. September ihr neues Album.

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