Zwei Spenderherzen retteten ihm das Leben
Thomas Finkel lebt seit 28 Jahren mit einem transplantierten Organ
BAD HINDELANG - Ohne ein Spenderherz wäre Thomas Finkel aus Bad Hindelang heute nicht mehr am Leben. Vor 28 Jahren hatte er starke Atemnot. „Jede Treppe war ein Graus“, erinnert sich der 62-Jährige. Beim Arzt stellte sich heraus, dass sein Herz bereits auf die doppelte Größe angewachsen war. Auslöser dafür war vermutlich ein Virus, sagt Finkel. Das Herz drückte ihm Luftund Speiseröhre ab. Der damals 35 Jahre alte Mann bekam kaum noch Luft und konnte nichts mehr essen. In letzter Sekunde fand sich für Finkel damals ein Spenderherz. Davor musste er bereits mehrere Male reanimiert werden.
Auf der Warteliste der internationalen Organvermittlungsstelle Eurotransplant standen vergangenes Jahr knapp 15 000 Menschen. In Bayern spendeten im ersten Halbjahr 2018 insgesamt 65 Menschen 237 Organe. Da deutschlandweit immer weniger Menschen bereit sind, ihre Organe zu spenden, wird seit Kurzem die Widerspruchsregelung diskutiert, wie sie bereits in Österreich, Frankreich, Italien und Spanien gilt. Dabei ist jeder Bürger ein möglicher Organspender, außer er widerspricht dem ausdrücklich.
Der Transplantationsbeauftragte Dr. Christian Schaal vom Klinikum Kempten sieht darin eine Möglichkeit, dass sich tatsächlich jeder mit der Thematik auseinandersetzen muss. „Wir leben in einer Gesellschaft, viele Patienten warten auf eine Organtransplantation und wünschen sich ein besseres Leben. Dafür sind wir alle zuständig.“Bisher gilt in Deutschland die sogenannte Entscheidungslösung, man muss einer Organspende zu Lebzeiten ausdrücklich zustimmen.
Im Allgäu sei die Spendenbereitschaft groß, sagt Schaal. Nur in wenigen Fällen wird die Organspende beispielsweise aus religiösen Gründen abgelehnt. Voraussetzung für eine Organspende ist der Hirntod. „Die Wahrscheinlichkeit, auf diese Weise zu sterben, ist allerdings weltweit sehr, sehr gering.“In diesem seltenen Fall müssen zwei unabhängige Ärzte den Patienten untersuchen und den Hirntod feststellen. Spricht aus medizinischen Gründen nichts gegen eine Organspende und liegt die Einwilligung des Patienten vor, wird in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) die Organentnahme geplant und durchgeführt.
Nach Analysen der DSO liegen die Ursachen für die niedrigen Zahlen der Organspenden auch am arbeitsintensiven Klinikalltag. Demnach würden Ärzte mögliche Organspender immer seltener erkennen und melden. Der Transplantationsbeauftragte Dr. Christian Schaal am Klinikum Kempten widerspricht: „Wir sehen die Organspende im Klinikum sehr wohl als unsere Aufgabe und als Aufgabe für die Gesellschaft. Stress im Klinikalltag spielt daher für diese Entscheidungen keine Rolle.“
Sein Körper wehrte sich
Thomas Finkel aus Bad Hindelang befürwortet die Widerspruchsregelung. „Wenn man gesund ist, macht man sich über dieses Thema kaum Gedanken. Erst wenn man mal selbst ein Organ braucht, fragt man sich, warum es keines gibt.“1990 bekam er sein erstes Herz transplantiert. Das Organ kam von einem 23-jährigen Motorradfahrer. Doch Finkels Körper kam mit dem neuen Herz nicht zurecht. Die Ärzte gaben ihm maximal ein Jahr zu leben. „Zu wissen, das war jetzt das letzte Ostern, der letzte Geburtstag und der letzte Sommer – da wird man verrückt.“Kurze Zeit später bekam er damals sein zweites Herz. Mehr als ein halbes Jahr verbrachte er im Krankenhaus, dann ging es endlich aufwärts. „Ich hätte keinen einzigen Euro darauf verwettet, dass mein neues Herz länger als 28 Jahre schlägt“, sagt Finkel. Sein Dank gilt seinen Lebensrettern – den Ärzten, den Organspendern und vor allem seiner Frau. „Sie war immer da und hat mir sehr viel Kraft gegeben.“