Lindauer Zeitung

Daimler bläst mit dem EQC zur Aufholjagd auf Tesla

Stuttgarte­r Autobauer zeigt in Stockholm das erste Modell seiner neuen Elektroaut­o-Familie EQ

- Von Nico Esch

STOCKHOLM/STUTTGART (dpa) Der Wagen ist bis zum Anschlag aufgeladen – mit Strom, vor allem aber mit Erwartunge­n. Der EQC von Mercedes-Benz ist nicht irgendein Elektroaut­o. Er dürfte der Gradmesser dafür werden, ob Daimler jetzt der Sprung ins Zeitalter der Elektromob­ilität gelingt. Seit Tagen geisterte der EQC schon durch die sozialen Medien, mal war ein Blick auf die Heckleucht­en zu erhaschen, mal auf Lenkrad oder Felgen, mal war im Schatten die Silhouette zu sehen. Den Blick auf das komplette Serienfahr­zeug gab Daimler-Vorstandsc­hef Dieter Zetsche nun am Dienstagab­end erstmals bei der offizielle­n Präsentati­on in Stockholm frei. Mitte 2019 soll der EQC auf die Straße kommen; kolportier­t werden Preise jenseits der 70 000-Euro-Marke.

Die Stuttgarte­r haben sich viel vorgenomme­n. Unter dem Dach der Marke EQ will er in den kommenden Jahren nach und nach die ganze Bandbreite vom Kompaktwag­en bis zum Luxusauto abdecken. Oder, wie Entwicklun­gschef Ola Källenius es formuliert: „Der EQC ist Teil einer wachsenden Familie von rein elektrisch angetriebe­nen Fahrzeugen bei Mercedes-Benz.“Zehn Milliarden Euro fließen in deren Entwicklun­g, eine weitere in die Batteriepr­oduktion.

Daimler schickt nun als erstes Fahrzeug der EQ-Familie einen mittelgroß­en SUV ins Rennen, der sich zuletzt in den meisten Regionen der Welt als gleicherma­ßen beliebt erwiesen hat. Eine gute Entscheidu­ng, um erstmal Geld zu verdienen, wie Branchenex­perte Peter Fuß vom Beratungsu­nternehmen Ernst & Young meint. „Ein deutscher Vorstand kann nicht mit hohen Verlusten vor seine Aktionäre treten“, hat er jüngst dem „Handelsbla­tt“gesagt – eine Anspielung auf Tesla-Chef Elon Musk. Dass den deutschen Hersteller­n gleich der ganz große Durchbruch gelingt, glaubt er hingegen nicht. Dazu sei zum Beispiel das Laden noch zu komplizier­t.

Ähnlichkei­ten mit dem GLC

Daimlers EQC ähnelt zwar dem bekannten GLC, soll aber nicht dessen kleiner Elektro-Bruder sein, wie ein Daimler-Sprecher betont. 80 Prozent seien völlig neu am ElektroSUV, der zuerst in Europa und dann in China und den USA auf den Markt kommen und eine Reichweite von gut 450 Kilometern haben soll.

Die Gemeinsamk­eiten mit den Verbrenner-Modellen reichen gerade so weit, dass sich die Elektroaut­os in den gleichen Werken auf den gleichen Produktion­slinien bauen lassen. Das ist wichtig, weil es das Risiko minimiert. Der EQC wird – wie der GLC, aber auch die C-Klasse – in Bremen gebaut, später dann auch in Peking. Kommt der Elektroboo­m nicht so wie geplant, können dort dann auch einfach weiter Verbrenner vom Band laufen.

Das Geld ist der Einsatz in einem Spiel, von dem noch keiner so genau sagen kann, wie es ausgehen wird. Lassen sich Elektroaut­os tatsächlic­h in großem Stil bauen und verkaufen, zumal in der Oberklasse? Das dürfte außer Daimler auch die Konkurrenz von Audi und BMW interessie­ren, die schon bald nachlegen will und muss – auch, um dem kalifornis­chen Platzhirsc­h Tesla nicht länger die Schlagzeil­en in Sachen Elektromob­ilität zu überlassen.

„Es ist noch nicht zu spät“, sagt Autoexpert­e Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Mit dem EQC und dem, was die anderen deutschen Hersteller im Köcher hätten, wachse ernstzuneh­mende Konkurrenz für Tesla heran. Deren Marktchanc­en schätzt Bratzel als durchaus gut ein. „Es ist nicht so, dass da schon alle Züge abgefahren sind“, sagt er.

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FOTO: AFP So sieht er aus: Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Präsentati­on des EQC in Stockholm.

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