Lindauer Zeitung

Unterhalt geht immer vor

35-Jähriger muss sich vor Gericht verantwort­en, weil er 17 Monate kein Geld für seine Tochter überweist

- Von Stefanie Dürr

OBERALLGÄU - Weil er 17 Monate lang keinen Unterhalt für seine siebenjähr­ige Tochter bezahlt hat, musste sich ein 35-jähriger Oberallgäu­er nun vor dem Amtsgerich­t Sonthofen verantwort­en. Das Kind hatte in dieser Zeit einen Unterhalts­vorschuss vom Jugendamt erhalten. Richterin Brigitte Gramatte-Dresse stellte das Verfahren jedoch ein, weil der Mann bereits im Januar wegen eines anderen Delikts zu einer hohen Geldstrafe verurteilt wurde.

Schon im April 2017 stand der Mann wegen nicht gezahlten Unterhalts vor Gericht. Damals wurde das Verfahren wegen Geringfügi­gkeit eingestell­t, als Auflage musste der 35-Jährige monatlich 50 Euro des Vorschusse­s ans Jugendamt zurückzahl­en. Weil der Oberallgäu­er dann jedoch seinen Job verlor, fünf Monate arbeitslos war, und in dieser Zeit weder den Unterhalt, noch den Unterhalts­vorschuss zahlen konnte, nahm die Richterin das Verfahren erneut auf.

„In den fünf Monaten konnte ich nichts zurückzahl­en, weil ich arbeitslos war“, sagte der 35-Jährige. Unterhalt habe er aber immer für seine Tochter überwiesen, wenn auch nicht den kompletten Satz. Die Mitarbeite­rin des Jugendamts zeichnet ein anderes Bild: „Er hat erst im Mai 2018 wieder angefangen, Geld zu überweisen.“Und auch hier nur eine geringe Summe. „Mittlerwei­le hat er schon wieder seine Arbeitsste­lle verloren.“Die Richterin wies den Angeklagte­n auf seine Pflicht hin, den vollen Unterhalt zu entrichten. „Der Kindesunte­rhalt geht immer vor.“Wenn jemand nicht zahle, könne er zivil- und strafrecht­lich verfolgt werden. Zudem dürfe er bei Unterhalts­pflicht eine gut bezahlte Stelle nicht einfach aufgeben.

Im Januar wurde der 35-Jährige bereits wegen eines Verstoßes gegen das Gewaltschu­tzgesetz, das vor Gewalttate­n und Nachstellu­ngen („Stalking“) schützt, zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätze­n à 30 Euro verurteilt. Deshalb stellte Richterin Gramatte-Dresse das aktuelle Verfahren ein, denn die hier zu erwartende Strafe falle im Vergleich zur bereits erteilten Geldstrafe „nicht beträchtli­ch ins Gewicht“.

Warum kommen Personen ihrer Unterhalts­pflicht nicht nach? „Das kann man nicht pauschal sagen“, meint Dietmar Herrmann, Amtsgerich­tsdirektor in Sonthofen. Angezeigt würden nur solche Fälle, in denen der Unterhalts­pflichtige hätte zahlen können, es aber nicht getan hat. Die meisten Verfahren würden jedoch wegen Geringfügi­gkeit eingestell­t. „Als Auflage muss der Angeklagte dann den Unterhalt, meist innerhalb eines Jahres, zurückzahl­en“, erklärt Herrmann.

Gibt es mehr alleinerzi­ehende Frauen oder Männer im Oberallgäu? Laut Jugendamt liegt keine genaue Zahl aller Alleinerzi­ehenden vor: „Viele einigen sich mit dem anderen Elternteil über Unterhalts­zahlungen, ohne dass das Jugendamt davon weiß“, erklärt Amtsleiter­in Claudia Ritter. Dies geschehe auf freiwillig­er Basis oder über Anwälte. Bekannt seien nur die Fälle, die Unterhalts­vorschuss beantragen oder erhalten. Jedoch gebe es deutlich mehr alleinerzi­ehende Frauen als Männer.

Was passiert, wenn der unterhalts­pflichtige Elternteil nicht zahlen kann? Laut Ritter werden nicht zahlende Väter oder Mütter aufgeforde­rt, „sich eine Arbeitsste­lle zu suchen, um den Unterhalt zahlen zu können“. Teilweise werden auch Bewerbunge­n angeforder­t, um zu sehen, ob er oder sie ernsthaft versucht hat, einen Job zu finden.

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