Lindauer Zeitung

Bayern will Soli-Abschaffun­g beschleuni­gen

Finanzmini­ster Füracker fordert auch eine Senkung der Unternehme­nssteuer

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Bayerns Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU) will die Abschaffun­g des Soli-Zuschlags zur Einkommens­teuer gegenüber den Festlegung­en im Koalitions­vertrag auf Bundeseben­e beschleuni­gen. „Ich möchte den Soli in dieser Legislatur­periode beseitigen", sagte Füracker in München. Die überaus positive Entwicklun­g der Steuereinn­ahmen lasse es zu, von den Vereinbaru­ngen im Koalitions­vertrag zugunsten der Steuerzahl­er abzuweiche­n.

Bereits ab 1. Januar kommenden Jahres sollen laut Füracker Lohn- und Einkommens­teuerzahle­r, die im Jahr nicht mehr als 60 000 Euro versteuern müssen, von der Soli-Zahlpflich­t befreit werden. Damit wäre der Soli schon für 90 Prozent der Lohn- und Einkommens­teuer Geschichte. Auch kleine Kapitalges­ellschafte­n mit Gewinnen in derselben Größenordn­ung sollen den Zuschlag nicht mehr zahlen müssen. Der Staat müsste 2019 damit auf rund neun Milliarden Euro an Einnahmen verzichten.

Für alle anderen Bürger und Unternehme­n soll der Soli-Zuschlag ab 1. Januar 2020 von 5,5 auf drei Prozent gesenkt und ab 1. Januar 2021 vollständi­g wegfallen. Das Entlastung­svolumen würde sich 2020 um fünf und 2021 um weitere 6,5 Milliarden erhöhen. Es dürfe mit dem Soli-Zuschlag, der den Aufbau in der ehemaligen DDR finanziere­n sollte, nicht so gehen wie mit der Sektsteuer, welche zur Finanzieru­ng der Kriegsflot­te des Kaiserreic­hs eingeführt wurde und seither fortbesteh­t, sagte Füracker.

Die Finanzmini­sterkonfer­enz und Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) will der CSU-Politiker aber nicht nur für seinen Soli-Abbauplan, sondern auch für eine Senkung der Unternehme­nssteuer erwärmen. Weil wichtige Handelspar­tner wie die USA, Frankreich und Großbritan­nien dies bereits vorgenomme­n oder geplant hätten, gerate Deutschlan­d mit seiner durchschni­ttlichen Ertragsteu­erbelastun­g von Kapitalges­ellschafte­n von knapp 30 bis 31,5 Prozent allmählich in die Gruppe der Hochsteuer­länder, argumentie­rt Füracker. Man könne sich nicht ewig auf der guten Konjunktur ausruhen.

Fürackers Vorschlag: Die von den Kommunen erhobene unterschie­dlich hohe Gewerbeste­uer soll – beispielsw­eise zu 25 Prozent – auf die Körperscha­ftsteuer angerechne­t werden. Die Lösung habe den Charme, dass man sich nicht mit den Kommunen auseinande­rsetzen müsse. Damit könnte man in die Nähe von etwa 25 Prozent Unternehme­nssteuerbe­lastung kommen, die im Länderverg­leich angemessen wäre.

„Die Leute zahlen genug“

Füracker hat sich darüber hinaus noch weitere entlastend­e Maßnahmen einfallen lassen, mit denen einerseits die Wohnungsba­utätigkeit und anderersei­ts die Ausbildung gefördert werden sollen. Um die Wohnungsno­t in den Städten abzumilder­n, ohne den Flächenver­brauch zu erhöhen, schlägt er eine beschleuni­gte steuerlich­e Abschreibu­ng für die Aufstockun­g bestehende­r Gebäude vor. Dort, wo es baurechtli­ch zulässig sei, sollten solche Maßnahmen mit zehn Prozent jährlich abgeschrie­ben werden. Das Bauplanung­srecht solle damit nicht ausgehebel­t werden, versichert­e der Minister. Weiter kämpfen will Bayern gegen Vorstellun­gen aus anderen Bundesländ­ern, die Grundsteue­r künftig nach dem Marktwert festzusetz­en. Die Bewertung aller 35 Millionen Grundstück­e in Deutschlan­d, die sich noch dazu in bestimmten Abständen wiederhole­n müsste, würde nicht nur eine enorme zusätzlich­e Bürokratie bedeuten, sondern wegen der Bodenwerts­teigerunge­n auch eine „Steuererhö­hung durch die Hintertür“, sagte Füracker. Bayern setze sich für eine Bemessung der Grundsteue­r nach der physischen Größe eines Grundstück­s ein und lehne die Einführung einer „Belastungs­dynamik“strikt ab. Füracker: „Die Leute zahlen genug.“

Große Schwierigk­eiten haben Gastronomi­e und Hotellerie mit der Nachwuchsg­ewinnung. Füracker will deshalb eine vom Arbeitgebe­r gestellte freie Unterkunft, von der 64 Prozent der Azubis in der Branche Gebrauch machen, nicht mehr als geldwerte Leistung dem Ausbildung­sentgelt zurechnen und versteuern. Nicht warten will Füracker, bis das Bundesverf­assungsger­icht den steuerlich­en Nachzahlun­gszins von sechs Prozent für verfassung­swidrig erklärt habe. Die Politik solle sich dazu durchringe­n, diesen Satz angesichts des Niedrigzin­sniveaus zu halbieren. Die Aufbewahru­ngsfrist für Buchhaltun­gsunterlag­en will Füracker von zehn auf acht Jahre reduzieren und den Wert geringwert­iger Wirtschaft­sgüter, die in einem Steuerjahr voll abgeschrie­ben werden können, von 800 auf 1000 Euro erhöhen.

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FOTO: UWE JAUSS Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU).

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