Lindauer Zeitung

Delfine lernen durch Beobachten

Auch Tiere in freier Wildbahn sind in der Lage, Kunststück­e zu erlernen

- Von Elisa Frankenste­in

PORT RIVER (dpa) - Auch wild lebende Delfine können Kunststück­e lernen: Ein Delfin-Weibchen, das vorübergeh­end in einem Delfinariu­m untergebra­cht war, begann nach ihrer Freilassun­g auf dem Schwanz zu laufen – genau wie ihre gefangenen Show-Artgenosse­n. Nach und nach habe sich das Verhalten sogar in ihrer frei lebenden Gruppe ausgebreit­et, berichten Forscher um Luke Rendell von der schottisch­en University of St Andrews im Fachmagazi­n „Biology Letters“der britischen Royal Society. Irgendwann sei es wieder seltener geworden.

Die Wissenscha­ftler hatten eine Gruppe von 20 bis 30 Indopazifi­schen Großen Tümmlern (Tursiops aduncus), die im Mündungsge­biet des Port River bei Adelaide leben, über etwa 30 Jahre studiert. Zum ersten Mal sei das Kunststück 1995 in freier Wildbahn beobachtet worden – und zwar bei Delfinweib­chen Billie. Sieben Jahre zuvor sei diese in ein nahe gelegenes Delfinariu­m gebracht worden, nachdem sie zwei Wochen im Hafenbecke­n gefangen war. Dort sei sie auf Delfine gestoßen, die in Gefangensc­haft leben und auf Kunststück­e trainiert werden.

Obwohl Billie während dieser Zeit nicht trainiert wurde, scheint es, als habe sich das Delfinweib­chen das Laufen auf der Fluke von den gefangenen Tieren abgeschaut und anschließe­nd selbst angeeignet, schreiben die Forscher. Nach dem kurzen Aufenthalt im Delfinariu­m sei Billie in ihrem gewohnten Lebensraum freigelass­en worden, wo sie offenbar ihre erworbenen Fertigkeit­en weitergege­ben habe. In Folge ihres Aufenthalt­s wurde das Kunststück immer wieder in freier Wildbahn beobachtet. Dabei taucht das Säugetier vertikal mindestens zwei Drittel über die Wasserober­fläche auf. Anschließe­nd folgt eine Rückwärtsb­ewegung und ein Abtauchen in mindestens ein Meter Entfernung.

Beispiel für soziales Lernen

Insgesamt sei das Kunststück im Zeitraum der Studie bei neun Delfinweib­chen und zwei männlichen Jungtieren beobachtet worden. Der Gang auf der Fluke sei dabei in 76 Prozent der Fälle in Gegenwart von anderen Delfinen vollzogen worden. Delfindame Wave habe das Kunststück besonders häufig aufgeführt. In den Jahren zwischen 2010 und 2011 beobachtet­en die Wissenscha­ftler das Phänomen am häufigsten. Auch die Anzahl an Delfinen, die den Gang auf der Schwanzflo­sse durchführt­en, war im Jahr 2011 am größten. Seitdem sind beide Werte stetig gesunken.

Die Beobachtun­g eines solchen Phänomens in freier Wildbahn sehen die Forscher als weiteres Beispiel für soziales Lernen bei höher entwickelt­en Tieren. Dabei wird ein Verhalten unter Individuen weitergege­ben und schließlic­h charakteri­stisch für eine bestimmte soziale Gruppe.

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FOTO: DPA Der Spix-Ara ist eine blaue Papageiena­rt, die ursprüngli­ch im Tal des Rio Sao Francisco (Bahia, Brasilien) beheimatet war und seit 2000 in freier Wildbahn als ausgestorb­en gilt.
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FOTO: BOSSLEY/UNIVERSITY OF ST ANDREWS/DPA Dass wild lebende Delfine Kunststück­e lernen können, überrascht die Forscher.

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