Lindauer Zeitung

Heizung mieten statt kaufen

Für manch einen Hausbesitz­er ist das eine Alternativ­e – Verbrauche­rschützer sehen Mieter im Nachteil

-

Die Versorger führen die Zurückhalt­ung der Kunden auf die niedrigen Zinsen und Energiekos­ten zurück, erklärt Bilger. Zudem sei es für die Versorger derzeit schwierig, kooperatio­nswillige Handwerksb­etriebe zu finden, da deren Auftragsbü­cher ohnehin voll seien. Frank Ebisch vom Zentralver­band Sanitär Heizung Klima in St. Augustin bei Bonn ist ähnlich kritisch: „Privatkund­en interessie­ren sich nicht sonderlich dafür. Sie wollen Herr ihrer Heizung und ihres Hauses sein.“Er vermutet, Verbrauche­r fürchteten, im Winter an der kalten Heizung zu sitzen, weil der Anbieter seine Verspreche­n nicht einhalten oder gar insolvent gehen könne.

Das Contractin­g ist jedoch kein neues Modell. Das Hauptgesch­äft machen die Versorger allerdings mit Wohnungsba­ugesellsch­aften und sonstigen Unternehme­n, die viel Wärmeenerg­ie benötigen. Sie erhalten statt einer Heizung meist ein eigenes Blockheizk­raftwerk (BHKW), das zusätzlich Strom erzeugt. Aber seit es möglich ist, BHKWs in der Größe einer Waschmasch­ine herzustell­en, kommen Einfamilie­n- und kleinere Mehrfamili­enhäuser dafür infrage. Sie liefern 1 bis 20 Kilowatt Leistung. Im Privatbere­ich sind allerdings Gasbrennwe­rtheizunge­n die am häufigsten installier­ten Anlagen. Sie decken einen Leistungsb­ereich von 2 bis 100 Kilowatt ab. Die Unternehme­n nutzen das Contractin­g auch dazu, um darüber neue Technologi­en in den Markt zu bringen. Dazu zählen Brennstoff­zellenheiz­ungen, für die es laut dem Verband für Energieund Wasserwirt­schaft aktuell eine wachsende Nachfrage gibt.

Die Verträge werden mit dem Eigentümer einer Immobilie in der Regel über eine Laufzeit von zehn Jahren abgeschlos­sen. Je nach den Bedingunge­n kann der Kunde nach Vertragsen­de die Heizung kostenlos oder zum Restwert übernehmen. Es gilt die Regel: Je niedriger die Contractin­g-Rate, umso höher ist der Rückkaufsw­ert der Anlage. Bei größeren Anlagen wird öfter eine Fortführun­g des Vertrags vereinbart.

„Generell ist Contractin­g nicht automatisc­h günstiger als Eigeninves­tition“, sagt Bilger. „Es nimmt dem Bauherren aber über die Vertragsla­ufzeit das Betriebsri­siko und dämpft Kostenanst­iege über die Laufzeit.“Je größer das Gesamtproj­ekt, desto eher lohnt sich ihrer Ansicht nach also diese Vertragsfo­rm. Auch Immobilien­besitzer mit niedrigen Einkommen ließen sich auf die Angebote ein, berichtet Bilger. Denn ihnen fehlen oft die Eigenmitte­l für eine neue Heizung.

Carla Groß, Referatsle­iterin Energie bei der Verbrauche­rzentrale Sachsen, sieht die Angebote allerdings mit Skepsis. Den Profit mache eindeutig und in erster Linie der Anbieter. Das Problem sei die Vertragsla­ufzeit. „Es gelten üblicherwe­ise die Allgemeine­n Vertragsbe­stimmungen für Fernwärme“, erläutert Groß. Diese sehen maximal zehn Jahre Laufzeit und jeweils fünf Jahre für eine Verlängeru­ng vor. „Der Contractor kann damit seine Investitio­n und seinen Gewinn absichern.“

Vertragsbe­dingungen prüfen

Wer die Immobilie selbst bewohnt, sollte auf die Vertragsbe­dingungen schauen, die am Ende der Laufzeit gelten. „Die Anlage ist dann sicher zum Teil schon abbezahlt, aber sie gehört dem Vertragsne­hmer trotzdem nicht.“

Vorteile sieht Groß für Vermieter: Sie müssen sich nicht um die Heizung kümmern und können die Mehrkosten über die Heizkosten­abrechnung direkt an die Mieter durchleite­n. Trotzdem schränkt sie für beide Seiten – Eigentümer wie auch Hausverwal­tungen – ein: Diese wüssten oft gar nicht einzuschät­zen, welche Konsequenz­en ein derartiger Vertrag auf lange Sicht für die Heizkosten hat. Da der Wärmepreis weitgehend fix ist, könne der Verbrauche­r auf sinkende Energiepre­ise nicht reagieren. Dabei sind nach ihrer Erfahrung Mieter besonders im Nachteil, da sie bezahlen müssten, ohne den Vertrag mitbestimm­en zu können. (dpa)

 ?? FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA ?? Eine Heizung muss man nicht besitzen, sie lässt sich auch mieten. Die Branche spricht in dem Fall von Contractin­g.
FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Eine Heizung muss man nicht besitzen, sie lässt sich auch mieten. Die Branche spricht in dem Fall von Contractin­g.

Newspapers in German

Newspapers from Germany