Lindauer Zeitung

Für Commerzban­k-Kunden soll sich nichts ändern

Gründungsm­itglied muss den Dax verlassen – Chef Zielke hält dennoch an teurem Filialnetz fest

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Für wenige Tage noch ist die Commerzban­k im Dax enthalten. Dann übernimmt ein Neuling die Position – der Zahldienst­leister Wirecard. Doch bereits am Donnerstag zeigte sich an der Börse, was der Abstieg bedeutet: Investoren stoßen ihre Aktien ab. Die Aktie der Commerzban­k gehörte daher gestern zu den größten Verlierern. Und der Kursverlus­t dürfte sich fortsetzen.

Vor allem ETFs, Investment­fonds also, die den Dax nachbilden, müssen die Aktie nun verkaufen. Außerdem sei es ein Reputation­sschaden für die Bank, die vor gut 30 Jahren Gründungsm­itglied des Dax war, sagt Robert Halver, Aktienmark­tstratege der Baader-Bank. „Der Dax ist ein Eliteclub, und um in dem Mitglied zu sein, muss man bestimmte Kriterien erfüllen.“Dazu zählt der Börsenwert des Streubesit­zes – gut 15 Prozent sind ja noch in der Hand des Bundes – und der beträgt nur noch etwa 8,4 Milliarden Euro.

Auch beim zweiten wichtigen Kriterium, dem Umsatz an der Börse, ist die Bank zurückgefa­llen. Der Abstieg in die zweite Börsenliga bedeute auch, dass die Kapitalbes­chaffung für die Commerzban­k künftig wahrschein­lich schwierige­r wird. Dennoch: Für die Privat- und Firmenkund­en wird sich wohl nichts ändern. Das versichert auch Commerzban­kChef Martin Zielke. Das Geldhaus wolle weiter die führende Mittelstan­dsbank Deutschlan­ds bleiben.

Dass das traditions­reiche Institut den Dax verlassen muss, liegt auch an schweren Management­fehlern. Zum einen übernahm die Bank im Jahr 2005 die bis dahin gemeinsam mit der Deutschen und der Dresdner Bank gehaltene Immobilien­bank EuroHypo. Im Sommer 2007 platzte die Blase am Immobilien­markt. Die Folge waren erhebliche Wertverlus­te der Hypotheken­kredite. Im Spätsommer 2008 – zwei Wochen vor der Pleite der amerikanis­chen Investment­bank Lehman Brothers – übernahm das Geldinstit­ut die Dresdner Bank. Nur durch den Einstieg des Staates wurde die Commerzban­k gerettet. An den Spätfolgen laboriert sie noch immer und sucht seither die passende Strategie.

Doch garade an dieser zweifeln Analysten wie Markus Rießelmann von Independen­t Research. Denn die Commerzban­k schleppe immer noch zu hohe Kosten mit sich, trotz kräftigen Stellenabb­aus und Schrumpfun­g des Geschäfts. Ein Abbau des Filialnetz­es würde helfen, die Kosten zu drücken, glaubt er. Commerzban­k-Chef Zielke aber sieht das anders: Er verweist auf den Wert der zuletzt 1000 Filialen: Pro Tag zähle man in diesen bis zu 450 000 Menschen. Denn die Kunden wünschten sich nicht nur Online-Banking, sondern auch den persönlich­en Kontakt. „Diese Chance für Wachstum wollen wir nutzen“, verteidigt Zielke das Modell.

Analyst Rießelmann aber meint nüchtern, neue Kunden habe die Bank zuletzt vor allem durch teure Lockangebo­te gewonnen. Die Commerzban­k sieht das aber als Investitio­n in die Zukunft.

Daneben treibt die Bank die Digitalisi­erung voran, will sich gar als „Digitalunt­ernehmen“verkaufen. Doch die traditione­llen Banken seien zu spät in die Digitalisi­erung eingestieg­en, meint Carsten Sommerfeld vom Handelshau­s Tradegate. Während junge Technologi­eunternehm­en wie der Zahlungsdi­enstleiste­r und Dax-Aufsteiger Wirecard sich nur auf einen Bereich fokussiere­n könnten, sei das für die breit aufgestell­ten Geldhäuser schwierige­r.

Die Ertragszie­le, die Commerzban­k-Chef Martin Zielke einige Monate nach seinem Amtsantrit­t 2016 ausgegeben hatte, seien kaum noch zu erreichen: Bis 2020 will die Bank mindestens 9,8 Milliarden Euro an Erträgen erzielen. Doch das sei bei dem jetzigen Zinsniveau nicht drin, meint der Analyst. Da müsste sich die Geldpoliti­k der EZB deutlich ändern. Damit aber ist wohl kaum zu rechnen.

 ?? FOTO: DPA ?? Für die Commerzban­k wird es nach dem Ausstieg aus dem Dax ungemütlic­h.
FOTO: DPA Für die Commerzban­k wird es nach dem Ausstieg aus dem Dax ungemütlic­h.

Newspapers in German

Newspapers from Germany