Wenn die Mutter Futter sucht
Igelbabys allein im Nest sind oft nur scheinbar verlassen, sagen Naturschützer
OBERALLGÄU (az) - Die meisten Igelkinder in Bayern werden im Spätsommer geboren. Für die Aufzucht brauchen die Mütter nun viel Energie. Der Regen der vergangenen Tage ist da willkommen, denn die lange Trockenheit zuvor erschwerte die Nahrungssuche. Der Grund: Die Würmer verzogen sich in tiefere und feuchtere Erdschichten und der Boden war und ist teils immer noch zu hart zum Scharren nach Nahrung. Trotz der jüngsten Niederschläge sei es wichtig, den Igelmüttern im heimischen Garten zu helfen, sagt der Landesbund für Vogelschutz (LBV). Frisches Wasser und eine kurzfristige Fütterung unterstützen die stacheligen Gartenbewohner.
Zugleich warnt der LBV vor unvorsichtiger Gartenarbeit. Denn da könnten womöglich Igelnester zerstört werden. Ein Igelnest ohne Mutter sei allein noch kein Grund zur Sorge, heißt es. Aber: „Ist das Nest definitiv verlassen, benötigen verwaiste Igelbabys sofort Hilfe und eine artgerechte Versorgung“, sagt Martina Gehret vom LBV.
Bei Trockenheit mangelt es Igeln nicht nur an Wasser, sondern oft auch an Nahrung, weil sich Regenwürmer und anderes Getier in feuchtere Bodenschichten zurückziehen. Als Folge müssen die Igelmütter weitere Strecken laufen, um satt zu werden oder ihren Durst zu stillen. Gehret: „Es gibt viele Gründe, warum eine Igelmutter das Nest verlässt.“Beispielsweise lasse sie ihre Jungen im geschützten Nest zurück, wenn sie auf Nahrungssuche geht.
„Flüchtet die Mutter, weil das Nest durch Gartenarbeiten zerstört wurde, kommt sie vielleicht zurück und quartiert ihren Nachwuchs um“, erklärt Gehret weiter. Frisch geborene Igelkinder können demnach ohne Problem zwei Stunden ohne Mutter überstehen. Ältere Igelkinder könnten sogar sechs Stunden ohne Nahrung auskommen. Erst wenn die Igelmutter in dieser Zeitspanne nicht zurückkommt, gelten die Igelkinder als verwaist und brauchen Schutz, Wärme und Nahrung.
Die meisten Igelsäuglinge kommen im August und September zur Welt – nach 35 Tagen Tragzeit mit gerade mal zwölf Gramm Körpergewicht. Zu dem Zeitpunkt sind die Leichtgewichte noch blind und taub. Ihre Mutter beschützt und säugt sie. Im Schnitt hat eine Igelmama vier bis sechs Kinder.
Die Aufzucht verwaister Igelsäuglinge ist laut Gehret ein 24-StundenJob und sehr anstrengend. Und das könne niemand besser als die Igelmutter selbst. Die Aufzucht sollte ein Mensch daher nur übernehmen, wenn definitiv feststeht, dass die Mutter nicht zurückkommt. „Am besten wendet man sich an einen Tierarzt oder eine Igelstation“, empfiehlt Martina Gehret.