Lindauer Zeitung

Amtsinhabe­r

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In Russland finden am Sonntag die Regionalwa­hlen statt – auch der Bürgermeis­ter der Metropole Moskau wird gewählt. Am Namen des Wahlsieger­s gibt es schon jetzt keinen Zweifel: Amtsinhabe­r Sergei Sobjanin, seit 2013 im Rathaus, wird weiter regieren.

Dabei sind mehrere Projekte, die er als Bürgermeis­ter ausgestoße­n hat, bei den Moskauern nicht besonders beliebt. Im Mai 2017 begann Sobjanin die sogenannte Renovierun­g: Etwa 4500 aus der Sowjetzeit stammende Plattenbau­ten werden abgerissen. 1,6 Millionen Einwohner müssen umziehen – für sie gibt es keine Garantien auf ein neues Haus im selben Stadtbezir­k. Etwa 20 000 Menschen protestier­ten vergeblich gegen das Vorhaben. Verärgert sind viele Moskauer auch darüber, dass das Pflaster in vielen Straßen fast jedes Jahr für viel Geld neu verlegt wird. Die Qualität der Arbeit ist schlecht: Laut der russischen Ausgabe der Zeitschrif­t „Forbes“wurden in den letzten fünf Jahren 40 Prozent der Straßen schon zweimal renoviert, 20 Prozent dreimal.

Gegenkandi­daten der Opposition muss Sobjanin nicht fürchten. Mindestens 110 notariell beglaubigt­e Unterschri­ften von lokalen Politikern sind notwendig, um an der Wahl teilzunehm­en. Für Opposition­spolitiker ist das schwierig, weil die Mehrheit der Abgeordnet­en der Kreml-nahen Partei „Einiges Russland” angehört. So hat Sobjanin – anders als bei der vorigen Bürgermeis­terwahl im Jahr 2013 – überhaupt keinen unabhängig­en Wettbewerb­er. Das hindert ihn jedoch nicht daran, eine aggressive Werbekampa­gne zu führen.

Russische Sänger, Schauspiel­er und TV-Moderatore­n schreiben im Onlinedien­st Instagram, wie begeistert sie von Sobjanins Moskau sind, und werben für die Teilnahme an der Wahl. In der U-Bahn zeigt der von Sobjanin gegründete Fernsehsen­der „Moskau 24“lobende Reportagen über den Bürgermeis­ter. Noch am Samstag, dem Tag vor den Wahlen, an dem in Russland normalerwe­ise der Wahlkampf verboten ist, werden Sobjanin und Putin eine Konzerthal­le in Moskauer Sarjadje-Park eröffnen – was alle staatliche­n Sender zeigen werden.

Dennoch könnte die Wahlbeteil­igung niedrig ausfallen – auch weil der bekanntest­e russische Opposition­spolitiker Alexej Nawalny für denselben Tag eine Demonstrat­ion gegen die Erhöhung des Renteneint­rittsalter­s organisier­t hat. Die Höhe der Wahlbeteil­igung wird für Sobjanin die spannendst­e Frage des Tages sein. Darija Schamonowa

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FOTO: IMAGO Sergei Sobjanin will sich als Bürgermeis­ter von Moskau bestätigen lassen.

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