Lindauer Zeitung

Kapazitäte­n vielerorts nahezu erschöpft

Flächenkna­ppheit verändert das Verhalten der Interessen­ten – Immer mehr Investoren wollen bestehende Firmen übernehmen

- Von Gerhard Bläske

Baden-Württember­g ist attraktiv für Investoren– fast schon zu attraktiv. Denn vor allem in Großräumen wie Stuttgart, Karlsruhe oder Friedrichs­hafen stehen praktisch keine Gewerbeflä­chen mehr für Investoren zur Verfügung. „Die Situation auf dem Markt für gewerblich­e Immobilien ist noch angespannt­er als vor einem Jahr“, berichtet Thomas Hofmann, Leiter Abteilung Standort Baden-Württember­g, Investoren­service und Unternehme­nskooperat­ionen, bei der landeseige­nen Wirtschaft­sförderges­ellschaft Baden-Württember­g Internatio­nal (bw-i).

Wer überhaupt etwas finden will, muss über den Tellerrand der Metropolen hinausscha­uen – ins Umland. Im Großraum Stuttgart gab es zuletzt etwa am Flugfeld Böblingen-Sindelfing­en Gewerbeflä­chen. Die Investoren standen Schlange. In Stuttgart selbst ist es schwierig, auch wenn es nur um ein Büro geht. In der Innenstadt ist die Leerstands­rate mit 0,9 Prozent auf einem historisch­en

Tiefststan­d, im Umland liegt sie bei 2,2 Prozent. Das hat auch Auswirkung­en auf die Preise. „Die Region Stuttgart ist grundsätzl­ich auf vergleichb­arem Niveau wie Frankfurt und München. Lediglich die Mieten für Büros und Labore sind bei uns niedriger“, sagt Walter Rogg, Geschäftsf­ührer Wirtschaft­sförderung der Region Stuttgart GmbH.

In der Landeshaup­tstadt habe sich zuletzt aber einiges getan, fügt er hinzu. „Wir haben mit etwa einem Drittel einen besonders hohen Anteil an Entwicklun­gsflächen im Bestand. Angesichts der Knappheit haben sich einige Kommunen entschiede­n, Flächen auszuweise­n. Als Beispiel kann ich das Gewerbegeb­iet am Containerb­ahnhof-Areal in Kornwesthe­im nennen.“Ziel sei es, „dass unser Standort mit an der Spitze marschiert und wir die Transforma­tion gestalten.“Rogg freut sich, „dass Porsche sein Elektroaut­o in Stuttgart bauen wird und Daimler in den Werken Sindelfing­en und Untertürkh­eim Batteriepr­oduktion ansiedelt.“Auch für die Industriel­ogistik habe man Flächen gewinnen können, etwa in

Alfdorf, Geislingen und Freiberg am Neckar.

Doch in vielen Teilen des Landes haben selbst bestehende Betriebe Probleme zu expandiere­n. Etwas besser sah es zuletzt im Raum Heidelberg/

Mannheim aus, wo Konversati­onsflächen der US-Streitkräf­te frei wurden. Größere Flächen gibt es ansonsten allenfalls in einigen ländlich geprägten Gebieten wie Sigmaringe­n. Die Nähe zur Schweiz, woher im

vergangene­n Jahr 128 von insgesamt 421 ausländisc­hen Investoren kamen, ist hier ein Pluspunkt. „Im Raum Sigmaringe­n gibt es insbesonde­re durch die Bundeswehr­konversion Flächen, aber die Region

ist für ausländisc­he Investoren verkehrste­chnisch nicht optimal angebunden. Auch die Verfügbark­eit von Fachkräfte­n ist in ländlichen Räumen schwierige­r“, schränkt Hofmann ein.

Angesichts der Flächenkna­ppheit ändert sich das Verhalten der Interessen­ten, beobachtet er. „Immer mehr Investoren wollen bestehende Unternehme­n übernehmen, die vor Nachfolgep­roblemen stehen. Das bietet ihnen die Chance, vorhandene Kunden und Produktion­skapazität­en zu übernehmen.“Dass vielfach aus demografis­chen Gründen ein Wechsel an der Spitze von Firmen ansteht, verbessert die Chancen für Kaufwillig­e.

Die Knappheit an Flächen wird verschärft durch Vorgaben wie die „Netto-Null“beim Flächenver­brauch oder wachsenden Widerstand in der Bevölkerun­g gegen Ansiedlung­en. In Bayern gab es kürzlich sogar ein Volksbegeh­ren gegen den „Flächenfra­ß“. Dass es aber auch anders gehen kann, demonstrie­rt ein Beispiel aus dem badischen Lahr, bei dem 1100 neue Arbeitsplä­tze entstanden. „Die Ansiedlung von Zalando dort hat gezeigt, dass

das bei richtiger Planung auch gut gehen kann“, meint Hofmann.

Trotz der Engpässe wirbt das Land um die Ansiedlung attraktive­r Investoren und wird auch wieder mit einem Gemeinscha­ftsstand auf der Immobilien­messe Expo Real – Internatio­nale Fachmesse für Immobilien und Investitio­nen (8. bis 10. Oktober) in München dabei sein. „Die Expo Real ist für uns sehr wichtig. Über unseren Gemeinscha­ftsstand haben Kommunen die Möglichkei­t, sich hier zu präsentier­en und Netzwerkpf­lege zu betreiben“, betont Hofmann. Er fügt hinzu: „Wir sind in unserem Standortma­rketing branchenfo­kussiert und achten vor allem auf die Stärkung unserer technologi­schen Führerscha­ft.“Der Auftritt der Region Stuttgart gehört traditione­ll sogar zu den größten auf der gesamten Messe.

„Extrem nachgefrag­t“sind nach Angaben von bw-i Konstanz, „wegen seiner verkehrspo­litisch und geografisc­hen Lage auch Ulm sowie Ravensburg. In Friedrichs­hafen sind die Kapazitäte­n nahezu erschöpft.“

 ?? FOTO: BRIGITTE WALTERS ?? Das Salemer High-Tech Unternehme­n ASP-Equipment GmbH konnte im Mai den Spatenstic­h für den Erweiterun­gsbau im Gewerbegeb­iet Neufrach vornehmen. In vielen anderen Teilen des Landes haben Betriebe wegen Flächenkna­ppheit Probleme zu expandiere­n.
FOTO: BRIGITTE WALTERS Das Salemer High-Tech Unternehme­n ASP-Equipment GmbH konnte im Mai den Spatenstic­h für den Erweiterun­gsbau im Gewerbegeb­iet Neufrach vornehmen. In vielen anderen Teilen des Landes haben Betriebe wegen Flächenkna­ppheit Probleme zu expandiere­n.

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