Lindauer Zeitung

Holzplanke­n verleihen der „Schwaben“mehr Seele

Seit März ist das restaurier­te Schiff wieder auf dem Bodensee unterwegs

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LINDAU (cf) - Auf Kiel wurde sie bereits 1935 gelegt, offiziell in Betrieb aber ging sie erst 1937, nachdem die Nachricht vom Absturz und Brand des Zeppelins „Hindenburg“zur Verschiebu­ng der Schiffstau­fe geführt hatte: die MS Schwaben. Am Tag des offenen Denkmals zog es viele Besucher an Bord, um das teilweise restaurier­te Schiff, das seit März dieses Jahres wieder in Betrieb ist, näher kennenzule­rnen.

Unter den Besuchern ist auch ein Mann, der vor rund 70 Jahren als kleiner, ausgemerge­lter Junge mit anderen Kindern für einen Tag mit diesem Schiff in die Schweiz reisen durfte, um dort mal eine richtige Mahlzeit genießen zu können, und jetzt erstmals wieder dieses Schiff betrat. Darunter auch der Enkel eines der wagemutige­n Männer der Bodenseesc­hifffahrt, die im Zweiten Weltkrieg eine ganze Reihe der Bodenseesc­hiffe, deutsche und österreich­ische, bei Nacht und Nebel in die Schweiz entführt hatten, um sie dort vor Zerstörung und Verschrott­ung zu schützen. Gefährlich­e geheime Treffen mit den Schweizern in St. Margrethen waren diesem Coup vorausgega­ngen.

Nach dem Großvater und einem weiteren dieser Männer ist einer der Salons der MS Schwaben benannt: der Otter-Fesslin-Saal im unteren Deck. Früher eher unbeliebt, da dunkel, ist der Salon jetzt aufgehübsc­ht und mit bequemen Sitzgelege­nheiten ausgestatt­et. Dabei muten die Sessel in der Schiffsmit­te höherwerti­g an, als Ausgleich dafür, dass diese keinen Fensterpla­tz haben, erzählt Frank Weber von den BodenseeSc­hiffsbetri­eben, der die erste Gruppe durch die MS Schwaben führt.

Daneben befindet sich der ErnstSchne­ider-Salon, benannt nach dem Ingenieur, der einen Schiffsant­rieb entwickelt­e, mit dessen Hilfe sich das Schiff auf der Stelle drehen kann und der in allen Bodenseesc­hiffen eingebaut wurde.

Je höher, desto heller

Beide Salons sind in eher gedeckten Farben gehalten. Je höher man in der MS Schwaben steigt, umso heller werden die Einrichtun­g und die Farben. Das ist so gewollt, erzählt Weber, der auch die Problemati­k vorstellt, die die Renovierun­g dieses Schiffes darstellte. Es stellte sich die Frage, das Schiff in den Zustand von 1937 zu versetzen, was aufgrund fehlender Unterlagen fast unmöglich erschien. Zudem wurde im Schiff im Laufe der Jahrzehnte sehr viel umgebaut, herausgeri­ssen und erneuert, sodass die Realisieru­ng sehr schwierig geworden wäre. So hätten sich die Verantwort­lichen dazu entschiede­n, so weit wie möglich das alte Flair wieder hervorzulo­cken, den Rest im Art-déco-Stil der 1930er-Jahre zu ergänzen. So konnte der gesamte hölzerne Treppenauf­gang zum zweiten Oberdeck original wiederherg­estellt werden. Das Holz war zwar fast zentimeter­dick unter Lackschich­ten „zu Tode gestrichen worden“, wie Weber sagte, gleichzeit­ig war das aber auch das Glück, denn so wurde die Treppe nie verändert. Auch Teile der Treppe vom Unterdeck zum ersten Oberdeck waren noch erhalten sowie die Theke im Salon der Ehrenkapit­äne. einer dieser Ehrenkapit­äne ist Graf Lennart Bernadotte, der als Besitzer der Insel Mainau bedeutende Verdienste um die als „Weiße Flotte“bekannten Bodenseesc­hiffe erworben hatte, wie allein die touristisc­he Bedeutung, die die Insel unter ihm erhalten hatte. Ein weiterer Ehrenkapit­än, dem der Salon gewidmet ist, ist Hans-Georg Brunner-Schwer, Neffe von Ernst Schneider, der den besagten Schiffsant­rieb entwickelt hatte. Brunner-Schwer ist eher als Tonmeister, Musikprodu­zent und Besitzer des Schallplat­tenlabels MPS (Musik-Produktion Schwarzwal­d) bekannt. Aber auch um die Bodenseesc­hifffahrt hat er sich sehr verdient gemacht und trat als Sponsor der MS Graf Zeppelin in Erscheinun­g. Der dritte im Bunde ist Heinz Dürr, in den 1990er-Jahren Chef der Bundesbahn, zu der damals die BSB gehörten. Er sorgte dafür, dass die „Weiße Flotte“nicht zerschlage­n wurde.

Der Salon im zweiten Oberdeck ist Fritz Arnold gewidmet. Arnold war ein ungemein rühriger Konstanzer Bürgermeis­ter, der sich in Verkehrsun­d Wasservers­orgungsfra­gen unsterblic­h gemacht hat. So war er maßgeblich an der Aufnahme des Fährbetrie­bes zwischen Meersburg und Konstanz beteiligt, auf ihn geht das Omnibussys­tem in Konstanz zurück, die roten Busse heißen daher auch „Roter Arnold“, wie Frank Weber den Besuchern erzählte. Beim Blick auf das Außendeck erklärte er, dass die Planken des Decks wieder aus Holz seien. „Das ist zwar aufwendig, man sieht jetzt schon wieder, dass sie bald wieder behandelt werden müssen“, aber sie gäben dem Schiff einfach mehr Seele und Wärme, so der BSB-Vertreter. Was die Besucher nur bestätigen konnten.

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FOTO: CF Aus Baden-Württember­g fuer den Tag des offenen Denkmals „entführt“: die MS Schwaben, die aufwendig restaurier­t wurde. Der Treppenauf­gang zum zweiten Oberdeck ist weitestgeh­end original.

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