„Wir mögen euch wirklich nicht!“
Im österreichischen Weißenbach hängt ein Unbekannter Zettel an Autos mit deutschen Kennzeichen – Seine Botschaft: Tirol braucht keine Allgäuer – Der Tourismus-Chef widerspricht deutlich
WEISSENBACH/PFRONTEN - Sind wir Allgäuer im Lechtal nicht mehr willkommen? Ein Unbekannter verteilt in Weißenbach (Bezirk Reutte) Zettel mit eindeutiger Botschaft: „Piefke bleib’ zuhause“. In dicken schwarzen Druckbuchstaben folgt die Erklärung: Vor allem die Allgäuer verursachten in Österreich nur Lärm, Staus, Müll, Dreck und schlechte Laune. Außerdem brächten sie kaum Geld, aber billige Brotzeit mit. Das Fazit des unbekannten Verfassers: „Wir mögen euch wirklich nicht! Kapiert das doch endlich.“
Das Papier flatterte an der Windschutzscheibe von Brigitte Sutorius Auto. „Wir waren morgens beim Baden im Lechausee“, sagt die 61-Jährige. Als sie am Nachmittag zu dem Parkplatz nahe der österreichischen Gemeinde Weißenbach zurückkehrte, hing ein solcher Zettel dort an jedem Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen. „Ist das nicht herb?“, fragt die Pfrontnerin entrüstet.
Auch der Österreicher Rainer Zobl hat ein deutsches Kennzeichen. Doch der 70-Jährige wohnt nun in Pfronten, er ist gebürtiger Jungholzer. „Ich habe eine Sauwut“, sagt er. Schließlich seien die österreichischen Badeseen frei zugänglich. „Wir sind ein Tourismusland. Das kann man nicht bringen.“
Derselben Meinung ist auch Ronald Petrini: „Das reibt uns auf,“beschreibt der Geschäftsführer vom Tourismusverband Naturparkregion Reutte. Dass ein Unbekannter solche Botschaften verteile, sei absolut inakzeptabel, schade dem Ruf der Region und den wirtschaftlichen Beziehungen. Mittlerweile liegen ihm zehn solcher Schreiben vor. Der erste ihm bekannte Zettel tauchte am 2. Juni auf – am Tag des Deutsch-Österreichischen Freundschaftsspiels zur Vorbereitung auf die FußballWeltmeisterschaft.
Nach Einschätzung von Stefan Eder, Pressesprecher der Landespolizei, ist der Zettel „nicht freundlich und auch nicht sympathisch – aber nicht verboten“. Der Verfasser bekunde lediglich seinen Unmut. Hansjörg Mayer, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, hingegen formuliert es vorsichtiger: Das Schreiben sei grenzwertig. „Ob es schon strafbar ist oder noch nicht, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilen.“
Bisher wurde keine Anzeige wegen Beleidigung gestellt. Die Polizei vor Ort ermittelt trotzdem. Vorbeugend, sagt Harald Fellner, Leiter der Bezirksleitzentrale Reutte: „Wir schließen nicht aus, dass was passiert.“Etwa könnten Autos zerkratzt werden. Vor etwa einem Jahr, berichtet Tourismusverbandschef Petrini, tauchten im Lechtal schon einmal solche Handzettel auf. „Teilweise mit Sachbeschädigung“, sagt er. Wie heuer fehlten Spuren, die zum Verfasser führen. Der Fall blieb ungelöst. „Wir sind auf Hinweise angewiesen.“
Bei der Polizei sind inzwischen vier solcher Zettel abgegeben worden, alle aus dem Umkreis des Baggersees in Weißenbach. Harald Fellner geht davon aus, dass es sich um einen „Einzeltäter“handelt. „Ich komme aus dem Gebiet“, sagt er. Einer Gemeinde mit etwa 1300 Einwohnern, in der es keine antideutsche Szene gebe. In diesem Sommer sind besonders viele Deutsche in der Region. Leute, die sonst im Forggensee baden, weichen aus nach Österreich, sagt Petrini. „Vielleicht fühlt sich jemand in seiner Ruhe gestört“, überlegt er. Die Botschaft nennt er nichtsdestotrotz absolut inakzeptabel.
Der Meinung ist auch der Tiroler Rainer Zobl, der solche Anfeindungen bisher noch nie erlebt hat – weder in Österreich, noch in Deutschland. „Wir lassen uns das nicht gefallen!“Er möchte, dass der Verfasser gefunden wird. Deshalb hat er sein Exemplar an den Tourismusverband weitergeleitet. „Das ist eine Beleidigung.“
„Ob es schon strafbar ist oder noch nicht, kann ich nicht abschließend beurteilen.“Hansjörg Mayer, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck