Nach Rückkehr zu G8 Kritik am Lehrplan
Dialekte sollen an Bayerns Schulen gestärkt werden – GEW: Flüchtlingskinder isoliert
MÜNCHEN (lby) - Für 115 000 AbcSchützen hat am Dienstag der Ernst des Lebens begonnen. Sie gehören zu den rund 1,66 Millionen Kindern und Jugendlichen, die in das Schuljahr 2018/2019 gestartet sind. An den Realschulen und Gymnasien im Freistaat sollen Bayerns Dialekte künftig eine wichtigere Rolle spielen. Die wohl größte Neuerung betrifft die Schüler der 5. und 6. Klassen am Gymnasium – sie kehren zum neunjährigen Gymnasium, dem G 9, zurück.
Kultusminister Bernd Sibler (CSU) erklärte, dass der wohl größte Unterschied zum G 8 der reduzierte Nachmittagsunterricht sei. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte indes den neuen Lehrplan. Man habe den G-8Lehrplan nur ausgedehnt, es gebe nur kleine Änderungen. „Das ist homöopathisch“, erwiderte ein Sprecher. Ein weiterer Kritikpunkt der Gewerkschaft ist der Umgang Siblers mit dem Lehrermangel. Dem Kultusminister zufolge habe man alle Stellen mit ausgebildeten Lehrern besetzen können. Die GEW streitet das ab.
Die GEW kritisiert zudem, dass vielen geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Bayern weiterhin der Besuch einer Regelschule verwehrt wird. Sie bekämen „höchstens eine Art 'Rumpf-Unterricht' in den 'Lagerschulen'“, moniert die GEW laut einer Pressemitteilung vom Dienstag. Bis zu zwei Jahre Isolation in den Unterkünften, das verstoße klar gegen die UN-Kinderrechtskonvention, sagte GEW-Landesvorsitzender Anton Salzbrunn. Man appelliere daher an die Staatsregierung, alle Wege zu prüfen, auch geflüchteten Kindern und Jugendlichen einen regulären Schulbesuch zu ermöglichen.
Ministerpräsident Söder kündigte am Dienstag nach der Sitzung des Kabinetts in München noch eine Initiative für Dialekt und Mundarten an. Diese sollen in den neuen Lehrplänen für Realschulen und Gymnasien ab Jahrgangsstufe 8 fest verankert werden. Dialekt sei die Wurzel der Sprache, bereichere die Sprachkultur und stifte Identität. Ziel sei es, bei Lehrern und Schülern das Bewusstsein für die bayerischen Mundarten und die regionale Kultur zu schärfen. „Sie alle wissen, dass Dialekt intelligenter macht“, meinte Söder.
Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) und der bayerische Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie (Rechenschwäche) beanstanden, dass es „die bayerische Regierung nicht geschafft hat, im Bereich der Bildung Chancengleichheit für alle Kinder zu schaffen“. Konkret beziehen sie sich hier auf Kinder mit Lese- und Rechenstörung. Diejenigen mit einer Lesestörung würden seit zwei Jahren nur noch einen sehr eingeschränkten Notenschutz erhalten, Kinder mit einer Rechenstörung gar keinen. „Damit ist eine Entwicklung ohne Leistungsdruck und Versagensängste für die betroffenen Kinder nicht mehr möglich.“Die Verbände fordern bei beiden Störungen eine Erhöhung des Notenschutzes und gezieltere Förderung. Außerdem sollten die Lehrer in beiden Bereichen besser geschult werden.
850 neue Lehrer für Inklusion
Im neuen Schuljahr sei geplant, die Digitalisierung, die Integration und die Inklusion an bayerischen Schulen voranzutreiben, sagte Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU). Dafür habe man 850 zusätzliche Lehrer eingestellt. Man wolle „für alle Kinder die besten Bildungschancen ermöglichen“. Für die Ausstattung der Schulen mit digitalen Klassenzimmern sieht der Staat 150 Millionen Euro vor. Wie die Bayerische Staatskanzlei am Dienstag mitteilte, könnten damit 90 Prozent der entstehenden Kosten getragen werden und die Schulen „massiv unterstützt“werden. Zur Integration sollen die neu eingeführten Deutschklassen an den Grund-, Mittelund Berufsschulen beitragen. In diesen würden Schüler mit geringen Deutschkenntnissen Sprachunterricht und Werteerziehung erhalten.