Lindauer Zeitung

Aus Liebe zum heißen Eisen

120 Bügelgerät­e-Sammler aus aller Welt haben sich in der Inselhalle getroffen

- Von Helena Golz

- Die Mehrheit der Deutschen hat eine eindeutige Abneigung gegen das Bügeln. Das hat eine Umfrage eines Berliner Marktforsc­hungsinsti­tuts im Jahr 2016 ergeben. Aber so groß die Abneigung gegen die Tätigkeit ist, so groß kann die Liebe für das Bügelgerät an sich sein. Den Beweis dafür lieferte das 16. Internatio­nale Bügelgerät­e-Sammlertre­ffen in der Inselhalle.

In den meisten Haushalten gibt es maximal ein Bügeleisen, Erhard Liegmann aus Neubiberg bei München besitzt sage und schreibe tausend Stück. Der 89-Jährige sammelt seit circa 30 Jahren Bügeleisen aus der ganzen Welt. Er hat Stücke aus Japan und China, aus Amerika und Europa, die er in seinem Haus und einer angrenzend­en Bauernstub­e aufbewahrt.

Seine Sammlerlei­denschaft für die historisch­en Eisen entdeckte Liegmann, als er von seiner Schwiegerm­utter nach dem Krieg ein „Rutscherl“geschenkt bekam, ein altes Plätteisen. Das habe er dazu verwendet, um seine Bücher zu stützen. Ob er selbst bügelt? „Was? Nein“, sagt Liegmann lachend, „ich habe noch nie in meinem Leben gebügelt“. Ihn fasziniere allein die Technik. Auf einem Antiquität­enmarkt in Rom, den er gemeinsam mit seiner Frau besucht hat, erstand er seine ersten eigenen antiken Bügeleisen und so begann die Sammelfreu­de.

Liebhaber aus der ganzen Welt

Mit der ist Liegmann nicht allein. Rund 120 Teilnehmer – die meisten sind Rentner – haben am vergangene­n Wochenende das Internatio­nale Bügelgerät­e-Sammlertre­ffen in der Inselhalle besucht. Sie sind aus Neuseeland, aus den USA, aus Frankreich, Russland oder Spanien angereist, um sich auszutausc­hen oder sich Vorträge, wie „Europäisch­e Bolzeneise­n aus dem 17. und 18. Jahrhunder­t“oder „Bügelgerät­e aus Glas und Keramik“anzuhören. Alle drei Jahre findet ein solches internatio­nales Treffen statt. „Es geht darum, dass man sich trifft und austauscht, dass man über seine liebsten Stücke spricht“, sagt Ilona Krambrock aus Vogt, die in diesem Jahr Veranstalt­erin ist, selbst 1500 Bügeleisen besitzt, aber genauso wie Liegmann selbst eigentlich nie bügelt. Um Lindau als Austragung­sort habe sie sich schon vor drei Jahren bemüht. „Das Ambiente der Altstadt passt gut zu den alten Eisen“, findet sie.

„Wir haben hier unheimlich viele Gerätschaf­ten“, sagt sie stolz und zeigt auf die Ausstellun­gstische. Nach Ländern sortiert reihen sich Bügeleisen aus aller Welt entlang der Wand. Da ist zum Beispiel ein Bügeleisen aus Myanmar, das mit heißem Sand befüllt wird, oder eines aus Ägypten, das mit dem Fuß über die Wäsche geschoben wird.

Dabei gibt es aber nicht nur Bügeleisen, sondern alles, was im weitesten Sinne mit „Glätten“zu tun hat, also auch Glätteisen für die Haare, Mangelbret­ter, Handschuhs­panner und Spielkarte­npressen. Manche der Stücke sind nur zum Angucken da, andere zum Kaufen. Eins sucht man aber vergebens: Plastik. „Heute ist doch alles aus Plastik und zum Wegwerfen“, sagt Krambrock. Aber ein handgeschm­iedetes Biedermeie­rBügeleise­n mit Gravur, das sei noch etwas Besonderes.

Freundscha­ften sind entstanden

Zwischen den Ausstellun­gstischen streunt Jeannie Marcus umher – stolze Besitzerin von 3500 Eisen. Sie kommt aus New York und ist mit ihrem lokalen Bügeleisen-Sammlerver­ein nach Lindau gekommen. Es ist das siebte internatio­nale Treffen, bei dem sie dabei ist. „Es geht ja nicht nur um Bügeleisen“, sagt sie, „es geht um die gesamte Geschichte der industriel­len Revolution“.

Gerade die europäisch­en Bügeleisen würden sie fasziniere­n, weil sie sehr künstleris­ch gestaltet seien. „Die sind so schön“, sagt sie, „in den USA sind die Bügeleisen mehr mechanisch“. Am Sammlertre­ffen gefalle ihr vor allem der internatio­nale Austausch. Richtige Freundscha­ften seien hier entstanden. Dass vor allem Rentner da sind, ist für Jeannie Marcus ganz logisch: „Die haben die Zeit und das Geld“, sagt sie grinsend.

Cinto Baggi aus der Schweiz ist ebenfalls wegen der Kameradsch­aft gekommen. „Man macht jedes Mal neue Bekanntsch­aften“, sagt er. Baggi ist seit Jahrzehnte­n Sammler. Er besitzt 500 Bügeleisen und sagt: „Wenn man einmal im Sammeln drin ist, ist man drin.“

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FOTOS: HEGO Die Bügeleisen-Liebhaberi­nnen Jeannie Marcus und Donna J. Vanover sind extra aus New York zu dem Sammlertre­ffen angereist.
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Sammler Erhard Liegmann ist stolzer Besitzer von 1000 Bügeleisen.

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