Ersatz
Der inhaftierte brasilianische Ex-Staatschef Lula da Silva (Foto: AFP) hat seine Ambitionen auf eine Wiederwahl aufgegeben. Lula, der wegen des Vorwurfs der Vorteilsnahme zu zwölf Jahren Haft verurteilt ist, wird am 7. Oktober nicht bei der Präsidentenwahl antreten. Der Politiker, der Brasilien von Anfang 2003 bis Ende 2010 regierte, führt in den Umfragen mit rund 40 Pro- zent klar vor dem rechtsradikalen Kandidaten Jair Bolsonaro, der sich in einem Krankenhaus von einem MesserAttentat vor einer Woche erholt. Für ihn wollen 26 Prozent der Brasilianer stimmen.
Anstelle des 72-jährigen Lula wird die PT den ursprünglichen Bewerber für den Posten des Vize-Präsidenten, Fernando Haddad (Foto: AFP), ins Rennen schicken. Aber Lulas Back-Up begeistert kaum jemanden außerhalb des Spektrums der Arbeiterpartei. In Umfragen ist der Ex-Bürgermeister von São Paulo und frühere Bildungsminister bislang abgeschlagen. Experten gehen aber davon aus, dass seine Umfragewerte deutlich steigen, jetzt wo Lula endgültig aus dem Rennen ist.
Die neue Kampagne der PT lautet „Haddad ist Lula". Dieser rief seine Anhänger in einem Brief dazu auf, für Haddad zu stimmen. Aber der 55 Jahre alte Fernando Haddad ist vor allem im armen Nordosten Brasiliens praktisch unbekannt – genau dort, wo Lula traditionell die meisten Stimmen geholt hat. Haddad stammt aus der bürgerlichen Mittelschicht, ist Ökonom, Politologe und hat in Philosophie promoviert. Eine Zeitlang arbeitete er als Anlageberater im brasilianischen Finanzsystem.
Die Entscheidung des früheren Staatschefs beendet ein langes Ringen Lulas mit der Justiz. Mehrere Gerichte hatten befunden, Lula könne wegen seiner Verurteilung nicht bei der Wahl antreten, zuletzt das Oberste Wahlgericht am 31. August. Lula soll sich ein Luxusappartement von einem Bauunternehmer renoviert haben lassen. Lula weist die Vorwürfe zurück und sieht sich als Opfer einer politischen Intrige.
Klaus Ehringfeld