Lindauer Zeitung

Musterklag­e im Praxistest

Verbrauche­rschützer ziehen stellvertr­etend für Dieselfahr­er gegen VW vor Gericht

- Von Teresa Dapp

BERLIN (dpa) - Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv) und der ADAC wollen gemeinsam eine Musterfest­stellungsk­lage gegen Volkswagen wegen des Abgasskand­als einreichen. Ziel sei die Feststellu­ng, dass der Autobauer mit der Manipulati­on von Software „Kunden vorsätzlic­h sittenwidr­ig geschädigt und betrogen hat“, erklärten die beiden Verbände am Mittwoch. Das Unternehme­n schulde betroffene­n Käufern Schadeners­atz, denn die Autos hätten nicht „in Verkehr gebracht werden dürfen“. Justizmini­sterin Katarina Barley (SPD) begrüßte die Pläne.

Wer darf mitmachen?

Das Angebot richtet sich – so sagen die Verbände – an 99 Prozent der rund 2,5 Millionen Dieselfahr­er, die vom Volkswagen-Pflichtrüc­kruf betroffen waren und noch nicht geklagt haben. Konkret geht es um Dieselfahr­zeuge der Marken Volkswagen, Audi, Skoda und Seat mit Motoren des Typs EA 189 (Vierzylind­er, Hubraum: 1,2 oder 1,6 oder 2,0 Liter), die nach dem 1. November 2008 verkauft wurden. Wer sein Auto inzwischen verkauft hat oder verschrott­en ließ, kann sich trotzdem anschließe­n. Andere Dieselfahr­er können erst einmal nicht mitmachen, in ihren Fällen droht keine Verjährung zum Ende dieses Jahres.

Wie kann man sich beteiligen?

Die Klage wird am 1. November am Oberlandes­gericht Braunschwe­ig eingereich­t, wenn das Gesetz dazu in Kraft tritt. Das Gericht prüft sie. Dann wird beim Bundesamt für Justiz ein Klageregis­ter eingericht­et, in das sich mindestens zwei Monate lang Betroffene kostenlos eintragen können. Die Gefahr der Verjährung ist somit gebannt. Interessie­rte können sich auf der Homepage www.musterfest­stellungsk­lagen.de mit ihrer Mailadress­e anmelden, um Informatio­nen zu bekommen.

Wie funktionie­rt die Musterfest­stellungsk­lage?

In einem ersten Schritt muss der klagende Verband – also der vzbv – die Fälle von zehn Betroffene­n aufarbeite­n und auf dieser Grundlage eine Klage einreichen. Hält das Gericht diese Klage für zulässig, wird sie öffentlich bekannt gemacht, und es wird ein Klageregis­ter beim Bundesamt für Justiz eröffnet. Dort müssen sich weitere Betroffene melden: innerhalb von zwei Monaten mindestens 50 Menschen, 40 zusätzlich zu den ersten zehn. Klappt das, kommt es zur Verhandlun­g.

Worum soll es im Prozess gehen?

Das Gericht soll aus Sicht der Verbände feststelle­n, dass Volkswagen Käufer „vorsätzlic­h sittenwidr­ig geschädigt“hat und ihnen daher Schadeners­atz schuldet. „Unser Ziel ist, dass Autobesitz­er entweder das Auto zurückgebe­n können und dafür den Kaufpreis erstattet bekommen, oder wenn sie es behalten wollen, den Wertverlus­t kompensier­t bekommen, oder wenn sie das Auto bereits verkauft haben, eine entspreche­nde Entschädig­ung bekommen“, sagt vzbv-Vorstand Klaus Müller.

Was kann dabei rauskommen?

Denkbar wäre vor einem Urteil ein Vergleich zwischen dem Autobauer und seinen Kunden, von dem die Kläger direkt profitiere­n. Wird ihnen grundsätzl­ich ein Recht auf Schadeners­atz zugesproch­en, muss das nochmal jeder selbst durchsetze­n. Das wäre dann aber auf der Grundlage des Musterproz­esses einfacher.

Wie sind die Erfolgsaus­sichten?

Die Kläger räumen ein, dass das schwer vorhersagb­ar ist – denn es gab noch nie eine solche Musterfest­stellungsk­lage in Deutschlan­d. VW sieht „keine Rechtsgrun­dlage“, die Verbände sehen das anders.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Anklagesch­riften verschiede­ner Landgerich­te Deutschlan­ds zum Dieselskan­dal bei VW. Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and hat in Kooperatio­n mit dem ADAC eine Musterfest­stellungsk­lage angekündig­t.
FOTO: IMAGO Anklagesch­riften verschiede­ner Landgerich­te Deutschlan­ds zum Dieselskan­dal bei VW. Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and hat in Kooperatio­n mit dem ADAC eine Musterfest­stellungsk­lage angekündig­t.

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