Lindauer Zeitung

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Trotz schlechter Umfragewer­te gibt sich die CSU in Sachen Landtagswa­hl optimistis­ch

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Sie wollen einfach nicht besser werden, die Prognosen für die CSU für die bayerische Landtagswa­hl am 14. Oktober. Im Gegenteil: Von 40 Prozent plus X bröckelte die Zustimmung nach den Umfragen aktuell auf 35 Prozent ab. Der Erhalt der absoluten Mehrheit im Landtag ist damit in weite Ferne gerückt.

Die jüngste Umfrage hielt für die Christsozi­alen noch eine weitere Horrorvisi­on parat: Jetzt könnte sogar auch noch die Linke ins BayernParl­ament aufrücken und die Zahl der Fraktionen auf sieben anwachsen lassen. Rechnerisc­h denkbar wäre sogar eine bunte Koalition unter Führung der Grünen und mit Beteiligun­g von SPD, Freien Wählern, FDP und Linken gegen CSU und AfD. Die Umfrage zeige „Bayern auf dem Weg in die Instabilit­ät“, sagte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) am Donnerstag im Münchener Presseclub.

Nach außen hin Zuversicht

Natürlich begehen die Christsozi­alen und ihr Spitzenman­n Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) aus Angst vor dem Tode nicht Selbstmord, sondern machen wie gute Wahlkämpfe­r nach außen in Zuversicht. Söder wird nicht müde, aufzuzähle­n, wie oft sich die Demoskopen in letzter Zeit katastroph­al verrechnet haben: bei den Wahlen im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel. Und auch vor der Bundestags­wahl – da allerdings bewertete man die Union weitaus höher, als sie dann tatsächlic­h abschnitt.

Es ist noch alles drin, meinen Parteichef und Bundesinne­nminister Horst Seehofer und Regierungs­chef Söder unisono, sogar noch die absolute Mehrheit. Noch seien die Hälfte der Wähler unentschie­den, so Söder. Umfrageerg­ebnisse würden nicht besser, indem man darüber jammere, „sondern indem man dagegen ankämpft“, ließ CSU-Chef Horst Seehofer wissen.

Auf Partner angewiesen

Selbst wenn die CSU sechs bis sieben Prozentpun­kte besser abschneide­n würde, als es ihr die Demoskopen derzeit bescheinig­en, wäre sie auf einen oder womöglich sogar zwei Koalitions­partner angewiesen. Die Stimmung der CSU-Wahlkämpfe­r sei besser, als die Umfragewer­te erwarten lassen, versichert der ehemalige CSU-Vorsitzend­e Erwin Huber.

2008 verfehlten die Christsozi­alen mit 42,5 Prozent nur um ein Mandat die absolute Parlaments­mehrheit, jedoch bei nur vier Parteien im Landtag. Im neuen Landtag werden wohl sechs Fraktionen (CSU, SPD, Grüne, Freie Wähler, FDP und AfD) sitzen. Es gilt: Je mehr Stimmen für Parteien abgegeben werden, die an der Fünfprozen­thürde scheitern, umso weniger Prozentpun­kte reichen für die absolute Mehrheit der Sitze aus. 2018 werden es nach den Prognosen weitaus weniger Wählerstim­men als 2008 und 2013 sein, die an nicht im Parlament vertretene Parteien vergeben werden und somit „verloren“sind.

Kein guter Wahlkämpfe­r denkt vor dem Urnengang laut über Koalitione­n nach. Das gilt auch für die CSU. In der jüngsten Vorstandss­itzung vom vergangene­n Montag wurden alle CSU-Oberen noch einmal verdonnert, jegliche Koalitions­spekulatio­nen zu unterlasse­n. Freilich gibt es Ausnahmen: Die AfD ist natürlich für die CSU kein denkbarer Partner, aber auch den Grünen hat der Vorsitzend­e der CSU im bayerische­n Landtag Thomas Kreuzer schon eine klare Absage erteilt: zu wenige Gemeinsamk­eiten.

Spitzenkan­didat Söder schloss sich dem am Freitag an. Ihr Wahlprogra­mm sei „klassisch grün“und ein „Riesenschr­itt zurück“, so der Ministerpr­äsident. Die bayerische­n Grünen hätten sich „in ihr altes Fahrwasser“begeben. Soll heißen: Da kann die CSU keinesfall­s mitschwimm­en. Dumm nur, dass die Grünen laut Umfragen mit 17 Prozent genügend Stimmen für eine Zweierkoal­ition mit der CSU auf sich vereinigen. Alle anderen Parteien schafften auch zusammen mit der CSU keine Parlaments­mehrheit, auch nicht die SPD, die erneut absackte – jetzt auf elf Prozent.

Die 2008 gezwungene­rmaßen mit der FDP geschlosse­ne Koalition, aus der die Liberalen zerrupft und als Wahlverlie­rer herauskame­n, galt bisher in der CSU als Betriebsun­fall. Wenn der nun zum Normalfall werden sollte, ist die CSU zum Schmieden eines bürgerlich­en Bündnisses wenigstens nicht auf die FDP angewiesen. In Gestalt der Freien Wähler steht eine Alternativ­e zur Verfügung. Inhaltlich jedenfalls hätte die CSU mit der Truppe des Mehrfach-Vorsitzend­en Hubert Aiwanger (Chef von Landes- und Bundesverb­and sowie der Landtagsfr­aktion) die geringsten Probleme. Auf den Feldern Asyl, Sicherheit, Landwirtsc­haft und Umwelt ticken CSU und Aiwanger-FW im Wesentlich­en gleich. Einziger handfester Streitpunk­t: Die FW wenden sich massiv gegen den Bau einer dritten Startbahn am Flughafen München. Sonst aber, so formuliert­e es einmal ein führender CSU-Politiker, seien die Freien Wähler „CSU und ein Bier dazu“.

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FOTO: AFP Eine absolute Mehrheit für Markus Söder und die CSU erscheint immer unwahrsche­inlicher.

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