Lindauer Zeitung

Asylpläne werden konkreter

EU-Kommission will Grenzschut­z rasch ausbauen

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL - Waffen tragende Grenzschüt­zer in europäisch­en FrontexUni­formen sollen bereits ab übernächst­em Jahr an den Außengrenz­en der EU Dienst tun. Bis dahin will die EU-Kommission eine ständig in Bereitscha­ft stehende Truppe von 10 000 Beamten aufbauen und für Lohn und Ausrüstung in den Haushaltsj­ahren 2021 bis 2027 11,3 Milliarden Euro einplanen. Der zuständige Flüchtling­skommissar Dimitris Avramopoul­os betonte allerdings, dass die Dienstaufs­icht des zuständige­n Mitgliedss­taates erhalten bleibt und die Grenzschüt­zer sich an die im jeweiligen Land geltenden Gesetze halten müssen.

Mit einem letzten Vorschlags­paket zur Asyl- und Flüchtling­spolitik lässt die EUKommissi­on Jean-Claude Junckers Rede zur Lage der Union Taten folgen und versucht, das Management der Flüchtling­skrise in der Hand zu behalten. Wie schon bei vorausgega­ngenen Gelegenhei­ten appelliert­e Avramopoul­os erneut an den Kooperatio­nswillen der Mitgliedss­taaten. Keiner allein könne die Probleme bewältigen, die in diesem Bereich in der Zukunft auf Europa zukämen.

Neu an dem Vorschlag ist, dass Frontex künftig nicht nur in den Anrainerst­aaten der EU, sondern auch in Durchreise- und Herkunftsl­ändern operieren soll, wenn die dortigen Regierunge­n es zulassen. Entspreche­nde Verhandlun­gen würden bereits mit den Westbalkan­staaten geführt, erklärte der Kommissar. Auf die Frage, ob es ihm nicht Kopfschmer­zen bereite, bewaffnete EUBeamte der Dienstaufs­icht zum Beispiel des italienisc­hen Innenminis­ters und Hardliners Matteo Salvini zu unterstell­en, antwortete er: „Ich treffe Salvini morgen in Wien. Wir werden wieder eine offene Diskussion haben. Die Mitgliedss­taaten müssen endlich begreifen, dass sie allein nichts erreichen können.“

Juncker hatte am Vortag betont, man habe Italien in der Flüchtling­skrise keineswegs alleingela­ssen. „Seit 2015 wurden 882 Millionen Euro nach Rom überwiesen“, erklärte er in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeine­n“. Auch würden die Belastunge­n mit 18 Milliarden Euro bei der Bewertung des Haushaltsd­efizits gutgeschri­eben. Italien ist neben Spanien der EU-Mitgliedss­taat, in dem die meisten Migranten aus Afrika landen. Nach Angaben der Internatio­nalen Organisati­on für Migration sind dieses Jahr bereits 74 000 Menschen auf dem Seeweg nach Europa gekommen.

Geht es nach den Plänen der EUKommissi­on, soll Frontex künftig auch Abschiebun­gen unterstütz­en und dabei helfen, Sammellage­r an den EU-Außengrenz­en und mögliche Lager in Drittstaat­en außerhalb der EU zu sichern. Hier allerdings tut die Kommission eindeutig den zweiten Schritt vor dem ersten. Sämtliche infrage kommende Staaten wie Albanien oder Marokko haben es vehement abgelehnt, auf ihrem Territoriu­m derartige Zentren zu errichten, von denen aus Asylanträg­e behandelt werden sollen und abgelehnte Bewerber sofort abgeschobe­n werden könnten.

Avramopoul­os stellte klar, dass Frontex nur mit Einwilligu­ng der jeweils zuständige­n nationalen Regierung tätig wird. Auch sei Europa keine Festung. Der Vorschlag, eine „Blue Card“für dringend gesuchte Fachkräfte einzuführe­n, liege seit 2016 auf dem Tisch, werde aber von den Mitgliedsl­ändern blockiert.

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FOTO: AFP Dimitris Avramopoul­os

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