Lindauer Zeitung

Die Sonne, wie man sie noch nie gesehen hat

Hobby-Astronomen treffen sich bei Horgenzell zur Stern- und Sonnenbeob­achtung

- Von Sybille Glatz

HORGENZELL - Die Sonne sieht man jeden Tag. Das ist nichts Besonderes. Doch wer hat sie schon einmal mit einem Teleskop aus der Nähe betrachtet, gesehen, wie leuchtende Bögen aus ihrer Oberfläche schießen? „Wenn man die Sonne sieht, wie man sie noch nie gesehen hat, ist das schon beeindruck­end“, schwärmt Magnus Weiger, Pfarrer in Horgenzell. Gemeinsam mit fünf Mitstreite­rn organisier­t er am Wochenende das RATT – das Ravensburg­er Teleskoptr­effen.

Es findet dieses Jahr zum zwölften Mal auf dem Teufelsber­g bei Horgenzell-Winterbach statt. Hobby-Astronomen treffen sich dort für zwei Tage, um ihre Teleskope aufzubauen und gemeinsam den Himmel zu beobachten. Und sie geben Besuchern die Möglichkei­t, mit speziellen Teleskopen etwas zu sehen, was sie zwar jeden Tag vor Augen haben, aber noch nie richtig betrachtet haben: nämlich die Sonne.

„Lichter verseuchen die Nacht“

„Das Interessan­te an der Sonne ist: Sie ist jeden Tag anders“, erklärt Weiger. Fast jeden Tag richtet er um die Mittagszei­t sein Sonnentele­skop auf das Gestirn und beobachtet, was sich dort abspielt. Doch das ist nur ein Teil seiner Leidenscha­ft. Vier weitere Teleskope besitzt der katholisch­e Seelsorger, um nachts den Sternenhim­mel zu betrachten. Etwas, das immer schwierige­r wird, denn: „Jeder Depp kauft sich heutzutage Flutlichte­r, strahlt sein Haus an und verseucht die Nacht“, sagt Alexander Reinders, ein weiterer Organisato­r des RATT.

Lichtversc­hmutzung ist für Reinders ein Thema, das ihn nicht nur als Amateur-Astronom bewegt. „Wenn es nicht mehr richtig dunkel wird, ist das auch für die Umwelt und die Tierwelt schlecht“, erklärt er. Richtig dunkel wird es aber in Horgenzell noch. Das war ein Grund, weshalb er sich vor vier Jahren für die Seelsorgee­inheit „Zocklerlan­d“entschiede­n habe, erklärt Weiger. Und weshalb die Hobbyastro­nomen ihr Teleskoptr­effen jedes Jahr auf dem Teufelsber­g bei Horgenzell abhalten. „Die astronomis­chen Rahmenbedi­ngungen stimmen“, sagt Weiger. „Bisher war das ein reines Treffen von Amateuren. Aber wir wollen auch Laien motivieren, dazuzukomm­en und sich vielleicht für die Astronomie zu begeistern.“

Der Besuch des Treffens ist kostenlos, die Finanzieru­ng übernehmen die Organisato­ren des RATT. Das Treffen beginnt am kommenden Freitag um 16 Uhr. Etwa um diese Zeit reisen die Hobby-Astronomen an und bauen ihre Teleskope und ihre Zelte auf. Die Sternbegei­sterten kommen nicht nur aus dem Schussenta­l, sondern auch von weiter her, etwa aus dem Schwarzwal­d oder dem Raum Stuttgart. Etwa dreißig Amateure erwartet Reinders. Eine große Wiese auf dem Teufelsber­g bietet genug Platz für die Fahrzeuge, die Zelte und Teleskope der Amateur-Astronomen. Ab etwa 21 Uhr steht das gemeinsame Betrachten des Nachthimme­ls auf dem Programm: „Besucher sind willkommen und können durch das eine oder andere Teleskop den prächtigen Nachthimme­l beobachten“, heißt es im Programmhe­ft.

Nach einer durchwacht­en Nacht steht dann am Samstagnac­hmittag die Sonne im Mittelpunk­t des Interesses. Ab 14 Uhr sind drei Sonnentele­skope auf die Sonne gerichtet. Die Beobachtun­g der Sonne durch diese Teleskope sei absolut ungefährli­ch, erklärt Weiger. Davor, ohne geeignete Ausrüstung die Sonne beobachten zu wollen, warnen beide Hobby-Astronomen. „Nicht selbst ausprobier­en!“, sagt Reinders und fügt hinzu: „Das macht man sonst nur einmal.“Der Grund: Wer länger in die Sonne schaut, riskiere bleibende Schäden. Der ungeschütz­te Blick mit einem Fernglas oder Fernrohr in die Sonne könne in kürzester Zeit zur Erblindung führen.

Nach der Sonnenbeob­achtung geht es am Samstag ab 15.30 Uhr weiter mit Vorträgen über astronomis­che Themen. Ab 20 Uhr gibt es ein Extra-Programm speziell für Astronomie-Neulinge: Erfahrene Amateure erklären, wie man mit einem Teleskop richtig umgeht und wie mit dem eigenen Fotoappara­t Aufnahmen vom Nachthimme­l gelingen. Wer bei der vergangene­n Mondfinste­rnis versucht hat, ein Foto von dem Naturschau­spiel zu machen, weiß, dass das Fotografie­ren des Nachthimme­ls nicht so einfach ist. „Astrofotog­rafie ist die Königsdisz­iplin“, sagt Weiger.

Auf dem Teleskoptr­effen bieten er und seine Mitstreite­r Besuchern einen besonderen Service an: „Wenn Sie einen Fotoappara­t zum RATT mitbringen, dann schauen wir, dass Sie mit einem Erfolgserl­ebnis heimkommen“, verspricht Weiger. Die Organisati­on des Treffens steht, auch für die „Mitternach­ts-Leberkäswe­cken“, die es in beiden Nächten gibt, ist gesorgt. Jetzt hoffen die HobbyAstro­nomen nur noch auf eins: gutes Wetter. Wie „Waidmanns Heil!“unter Jägern, ist „Clear Skies!“der Gruß unter den Sterngucke­rn. Auf Deutsch: „Klare Sicht!“

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FOTO: ALEXANDER REINDERS Zelten, sich austausche­n, zum Himmel schauen. An diesem Wochenende treffen sich wieder Hobby-Astronomen auf dem Teufelsber­g bei Horgenzell treffen, um gemeinsam den Himmel zu beobachten, bei Tag wie bei Nacht. Interessie­rte Besucher sind ausdrückli­ch willkommen.
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FOTO: CARSTEN PRZYGODA Die Teilnehmer werden mit einer Vielzahl von Teleskopen in unterschie­dlichen Größen den Himmel beobachten.

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