Seehofer in der Klemme, CSU unter Druck
Angesichts schlechter Umfragewerte steigt in der Partei die Nervosität
MÜNCHEN - Eigentlich hofft die CSU auf ein kämpferisches Aufbruchssignal. Eigentlich soll der Parteitag an diesem Samstag in München endlich die lange ersehnte Trendwende bringen: heraus aus dem Tal der Tränen in den Umfragen – zuletzt waren es 35 Prozent – hin zu einem furiosen Schlussspurt bis zur Landtagswahl am 14. Oktober. Und jetzt das: Wieder steckt die große Koalition in Berlin in der Krise, wieder steht mitten im Sturm ausgerechnet CSU-Chef Horst Seehofer.
Der Bundesinnenminister hält an Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen fest, die SPD aber besteht auf dessen Ablösung. Der Streit hat das Zeug, die Koalition zu sprengen, was die beteiligten Parteien, auch die CSU, in Turbulenzen stürzen würde.
Ein Ärgernis nach dem anderen
Viele Wahlkämpfer in Bayern schimpfen schon lange, freilich nur hinter vorgehaltener Hand, dass Seehofer den Wahlkampf torpediere, ob bewusst oder unbewusst. Vor dem Sommer gab es den erbitterten Streit mit der Kanzlerin über die Flüchtlingspolitik. Dann sein Agieren rund um die Vorfälle von Chemnitz; und jetzt das Problem mit der Personalie Maaßen. „Das Problem ist die Zerstrittenheit der GroKo und die Unfähigkeit oder Unwilligkeit, das schnell zu lösen“, sagt ein CSU-Vorstandsmitglied.
Seehofer steckt im Streit um Maaßen in der Klemme: Nachgeben könne er nicht, heißt es in der CSU unisono. Jetzt jedenfalls nicht mehr. Wie sähe das denn aus, wenn der Bundesinnenminister, der sich in der Sache klar hinter Maaßen gestellt hatte, diesen nun auf Druck der SPD rauswirft, nur um die ohnehin unbeliebte große Koalition zu retten? Andererseits hätte ein Platzen der Koalition unabsehbare Folgen, auch für die Bayern-Wahl.
Ein Problem für die CSU sind die zum Teil unterschiedlichen Interessen der Doppelspitze: Für Ministerpräsident Markus Söder zählt einzig und allein die Landtagswahl. Seehofer dagegen sei seit seinem Wechsel nach Berlin, so erzählen viele, weit weg vom Geschehen zu Hause in Bayern. Der Parteichef kämpfe vor allem für sich selbst.
Und trotzdem soll vom Parteitag ein Signal der Geschlossenheit ausgehen. „Wir stehen zusammen“, versprach Seehofer schon im CSU-Vorstand am Montag. „Wir sind nur gemeinsam stark“, mahnt auch Generalsekretär Markus Blume.
Der frühere CSU-Vorsitzende Erwin Huber schob Seehofer derweil einen Großteil der Verantwortung für die schlechten Umfragewerte zu. Beim Parteitag werde Seehofer deshalb im persönlichen Gespräch gesagt werden, „dass die Disziplin auf der Bundesebene auch mit ausschlaggebend ist für das Landtagswahlergebnis“, sagte Huber im Südwestrundfunk. Das Erscheinungsbild der Bundespolitik und auch der CSU auf Bundesebene sei seit einem halben Jahr „miserabel“.
Huber hatte vor zehn Jahren nach dem Verlust der absoluten Mehrheit der CSU den Parteivorsitz an Seehofer abgeben müssen. Falls es am 14. Oktober ein „sehr negatives Ergebnis für die CSU“geben sollte, werde das dann „natürlich“auch personelle Diskussionen über Seehofer auslösen, sagte er nun.
Hinweis von der Kanzlerin
Und was macht Seehofer am Dienstag, wenn die Koalitionsspitzen erneut über die Zukunft von Maaßen beraten? Kommt es dann zum großen Knall oder nicht? Keiner weiß es. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) jedenfalls betont am Freitag: „So wichtig wie die Position des Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes auch ist, so klar ist auch, dass die Koalition an der Frage des Präsidenten einer nachgeordneten Behörde nicht zerbrechen wird.“
Das dürfte als Hinweis an Seehofer und die SPD gemeint gewesen sein. In der CSU hoffen sie einfach, dass sich das Problem löst. Irgendwie.