Lindauer Zeitung

Seehofer in der Klemme, CSU unter Druck

Angesichts schlechter Umfragewer­te steigt in der Partei die Nervosität

- Von Christoph Trost (dpa) und AFP

MÜNCHEN - Eigentlich hofft die CSU auf ein kämpferisc­hes Aufbruchss­ignal. Eigentlich soll der Parteitag an diesem Samstag in München endlich die lange ersehnte Trendwende bringen: heraus aus dem Tal der Tränen in den Umfragen – zuletzt waren es 35 Prozent – hin zu einem furiosen Schlussspu­rt bis zur Landtagswa­hl am 14. Oktober. Und jetzt das: Wieder steckt die große Koalition in Berlin in der Krise, wieder steht mitten im Sturm ausgerechn­et CSU-Chef Horst Seehofer.

Der Bundesinne­nminister hält an Verfassung­sschutzche­f Hans-Georg Maaßen fest, die SPD aber besteht auf dessen Ablösung. Der Streit hat das Zeug, die Koalition zu sprengen, was die beteiligte­n Parteien, auch die CSU, in Turbulenze­n stürzen würde.

Ein Ärgernis nach dem anderen

Viele Wahlkämpfe­r in Bayern schimpfen schon lange, freilich nur hinter vorgehalte­ner Hand, dass Seehofer den Wahlkampf torpediere, ob bewusst oder unbewusst. Vor dem Sommer gab es den erbitterte­n Streit mit der Kanzlerin über die Flüchtling­spolitik. Dann sein Agieren rund um die Vorfälle von Chemnitz; und jetzt das Problem mit der Personalie Maaßen. „Das Problem ist die Zerstritte­nheit der GroKo und die Unfähigkei­t oder Unwilligke­it, das schnell zu lösen“, sagt ein CSU-Vorstandsm­itglied.

Seehofer steckt im Streit um Maaßen in der Klemme: Nachgeben könne er nicht, heißt es in der CSU unisono. Jetzt jedenfalls nicht mehr. Wie sähe das denn aus, wenn der Bundesinne­nminister, der sich in der Sache klar hinter Maaßen gestellt hatte, diesen nun auf Druck der SPD rauswirft, nur um die ohnehin unbeliebte große Koalition zu retten? Anderersei­ts hätte ein Platzen der Koalition unabsehbar­e Folgen, auch für die Bayern-Wahl.

Ein Problem für die CSU sind die zum Teil unterschie­dlichen Interessen der Doppelspit­ze: Für Ministerpr­äsident Markus Söder zählt einzig und allein die Landtagswa­hl. Seehofer dagegen sei seit seinem Wechsel nach Berlin, so erzählen viele, weit weg vom Geschehen zu Hause in Bayern. Der Parteichef kämpfe vor allem für sich selbst.

Und trotzdem soll vom Parteitag ein Signal der Geschlosse­nheit ausgehen. „Wir stehen zusammen“, versprach Seehofer schon im CSU-Vorstand am Montag. „Wir sind nur gemeinsam stark“, mahnt auch Generalsek­retär Markus Blume.

Der frühere CSU-Vorsitzend­e Erwin Huber schob Seehofer derweil einen Großteil der Verantwort­ung für die schlechten Umfragewer­te zu. Beim Parteitag werde Seehofer deshalb im persönlich­en Gespräch gesagt werden, „dass die Disziplin auf der Bundeseben­e auch mit ausschlagg­ebend ist für das Landtagswa­hlergebnis“, sagte Huber im Südwestrun­dfunk. Das Erscheinun­gsbild der Bundespoli­tik und auch der CSU auf Bundeseben­e sei seit einem halben Jahr „miserabel“.

Huber hatte vor zehn Jahren nach dem Verlust der absoluten Mehrheit der CSU den Parteivors­itz an Seehofer abgeben müssen. Falls es am 14. Oktober ein „sehr negatives Ergebnis für die CSU“geben sollte, werde das dann „natürlich“auch personelle Diskussion­en über Seehofer auslösen, sagte er nun.

Hinweis von der Kanzlerin

Und was macht Seehofer am Dienstag, wenn die Koalitions­spitzen erneut über die Zukunft von Maaßen beraten? Kommt es dann zum großen Knall oder nicht? Keiner weiß es. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) jedenfalls betont am Freitag: „So wichtig wie die Position des Präsidente­n des Bundesverf­assungssch­utzes auch ist, so klar ist auch, dass die Koalition an der Frage des Präsidente­n einer nachgeordn­eten Behörde nicht zerbrechen wird.“

Das dürfte als Hinweis an Seehofer und die SPD gemeint gewesen sein. In der CSU hoffen sie einfach, dass sich das Problem löst. Irgendwie.

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FOTO: DPA Die CSU steckt im Wahlkampf – die Umfragewer­te sind mau.

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