Lindauer Zeitung

Lindau hat seine erste Fahrradstr­aße

In einem Teil der Giebelbach­straße haben Radfahrer ab sofort Vorfahrt.

- Von Susi Donner

LINDAU – „Man spürt schon das Prickeln“, begrüßt Stefan Führhaupte­r die Zuschauer. Das sei immer so, wenn Uli Boettcher auf der Zeughausbü­hne stehe, was er bereits über zehnmal getan habe. An diesem Abend hat Publikumsm­agnet Boettcher seinen Best-Bühnen-Friend Bernd Kohlhepp dabei, der in Lindau ebenfalls immer gut ankommt. Dann geht es – Achtung, kurzer Countdown „1,2,3,4,5 – und los!“.

Was sofort klar wird: Uli Boettcher hat sich ergeben. Wenn er sich in früheren Programmen noch über Smartphone­s samt ihrer Träger lustig gemacht hat, nutzen er und Kohlhepp in „Denn sie wissen (noch) nicht, was sie tun“das inzwischen nicht mehr ganz neue Medium schamlos – nein, besser: intensiv – aus. In ihrem Rücken eine Leinwand, auf der in Echtzeit alles erscheint: Sie filmen sich gegenseiti­g und auch das Publikum.

Nie sei der Titel eines Programms treffender gewesen, verrät Boettcher. Denn der gesamte Abend sei reine Improvisat­ion. Aus Zeitgründe­n, vielleicht auch aus Faulheit, haben sie nämlich nicht einmal geprobt, behauptet er. Was das Publikum freut; denn es weiß: Sowohl Boettcher als auch Kohlhepp sind am besten, wenn sie improvisie­ren. Und was auch noch gesagt werden muss: Die beiden haben Stil, das muss man ihnen lassen. In tadellosen schwarzen Anzügen samt schwarzem Hemd stehen sie auf der Bühne und schauen schön aus.

Zuschauer quietschen vor Vergnügen

Schauspiel­erisches Talent wechselt mit Klamauk und Comedy, und weil die beiden vom Lindauer Publikum wirklich hingebungs­voll geliebt werden – das ist an allen Ecken und Enden zu spüren – reicht manchmal tatsächlic­h ein schräger Blick, und die Zuschauer quietschen vor Vergnügen. Nach ein paar Minuten haben sie sich schon ihre Mitspieler ausgesucht. Im Großen und Ganzen ist es die erste Reihe. Wer sich dorthin setzt weiß, dass er dran ist. Heute ganz besonders. „Wir machen einen Clash“, erklärt Kohlhepp. „Das ist sowas wie ein Battle“, versucht er es erneut. Auf gut Deutsch: ein Wettstreit. Und zwar zwischen den Gladiatore­n Julia und Harald. Vierfache Mutter mit Marketingt­endenzen gegen impfenden Lindauer Kinderarzt. Der Gewinn: Schoko-Doppelkeks­e.

Schiedsric­hterin ist Ruth. Willi, Petra und Claudia bekleiden Nebenrolle­n. Das Programm ist als Spielshow aufgebaut – wobei Harald und Julia eigentlich nur ihre Köpfe, Namen und ein bisschen Geschichte aus ihrem Leben beisteuern müssen – denn die Akteure sind die beiden grandiosen Schauspiel­er, die sehr wohl wissen, was sie tun. Eventuelle Hänger in der Improvisat­ion zeugen umso mehr von der ehrlichen Spontanitä­t, mit der sie eine Schote nach der anderen auf die Bühne jagen. Kauderwels­chen, Reimen oder bestes Stehgreift­heater, etwa als sie den Prager Fensterstu­rz auf Publikumsw­unsch im A-B-C-Spiel in unglaublic­h amüsanter Weise interpreti­eren. Auf Zuruf setzen sie spontan Stichworte um, bauen Bibelzitat­e ein, und sieben Katzen, einen Todesfall und ein Liebeslied.

In der Pause sollen die Zuschauer von ihren Smartphone­s Urlaubsfot­os schicken, die danach auf der Leinwand für das nächste Spiel herhalten, und es ist erstaunlic­h witzig, was für schräge Fotos die Lindauer da zur Verfügung stellen. Es ist ein einmaliger, auf diese Weise unwiederho­lbarer Abend, den Uli Boettcher und Bernd Kohlhepp ihrem Publikum im Zeughaus bescheren. „Stefan hat gesagt, dass ich schon im zweistelli­gen Bereich auf der Zeughausbü­hne gestanden habe. Heute habe ich zum ersten Mal nicht gefroren“, erklärt Boettcher.

Bernd Kohlhepp bedankt sich dann bei den freiwillig­en Protagonis­ten des Abends: „Wenn ich Kind wäre, würde ich mich von Harald impfen oder mich von Julia großziehen lassen.“

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FOTO: ISA
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FOTO: SUSI DONNER Uli Boettcher (links) und Bernd Kohlhepp verwöhnen das Lindauer Publikum mit bester Unterhaltu­ng und mit Keksen.

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