Lindauer Zeitung

Komplott an der Côte d’Azur

Auftragsmo­rd an Monaco-Milliardär­in Hélène Pastor vor Gericht – Schwiegers­ohn angeklagt

- Von Sebastian Kunigkeit

AIX-EN-PROVENCE (dpa) - Die Anklage liest sich wie ein Kriminalro­man: Es geht um Geld, einen Auftragsmo­rd und eine schwerreic­he Familie im noblen Fürstentum Monaco. Mehr als vier Jahre nach dem Mordanschl­ag auf die monegassis­che Milliardär­in Hélène Pastor steht der langjährig­e Lebensgefä­hrte ihrer Tochter vor Gericht.

Nach Überzeugun­g der Ermittler soll der Schwiegers­ohn der Auftraggeb­er der Tat gewesen sein, er selbst bestreitet dies. Der Prozess gegen ihn und neun weitere Angeklagte, die auf die eine oder andere Weise in den Fall verwickelt sein sollen, begann am Montag im südfranzös­ischen Aix-en-Provence.

Die 77-jährige Hélène Pastor und ihr Chauffeur waren im Mai 2014 in Nizza niedergesc­hossen worden, beide erlagen ihren Verletzung­en. Laut französisc­hen Medien wurde Pastor in Monaco auch „Vize-Fürstin“genannt – ihre Familie hatte in dem Zwergstaat an der Côte d'Azur über Jahrzehnte ein gigantisch­es Immobilien­imperium aufgebaut. Fürst Albert II. hatte Pastors Kindern nach ihrem Tod sein „tiefes Mitgefühl“ausgesproc­hen. Ihr Sohn Gildo Pallanca-Pastor erhofft sich nun Antworten – auch auf die Frage nach dem Motiv. „Für mich gibt es da nicht nur das Geld“, sagte er der Zeitung „Le Parisien“. „Was steckt dahinter? Macht? Suche nach Anerkennun­g?“

Die zwei Täter hatten der Milliardär­in nach einem Besuch in einem Krankenhau­s aufgelauer­t, wo Gildo Pallanca-Pastor wegen eines Schlaganfa­lls behandelt wurde. Der Schütze war mit einem Gewehr bewaffnet. Videoaufna­hmen und DNA-Spuren auf einem Duschgel in einem Hotelzimme­r brachten die Ermittler auf die Spur zweier Tatverdäch­tiger, die nun wegen Mordes angeklagt sind. Über sie kamen die Ermittler auf die mutmaßlich­en Hintermänn­er.

Der Schwiegers­ohn – gleichzeit­ig damaliger polnischer Honorarkon­sul – soll seinen Sportlehre­r beauftragt haben, den Mord zu organisier­en. Sie sind beide wegen Beihilfe zu Morden angeklagt. Hélène Pastors Tochter fand nach eigenen Angaben später heraus, dass ihr Lebensgefä­hrte üppig vom Geld der Familie profitiert hatte: Von den neun Millionen Euro, die ihre Mutter ihr in den eineinhalb Jahren vor der Tat gegeben hatte, sollen 7,5 Millionen Euro bei ihm gelandet sein.

„Der Schwiegers­ohn, die Gauner und das Geld der Schwiegerm­utter“– so betitelte die Zeitung „Le Monde“ ihren Vorbericht zu dem aufsehener­regenden Prozess.

Der Schwiegers­ohn war wenige Wochen nach Pastors Tod festgenomm­en worden und hatte zunächst ein Geständnis abgelegt, das er aber kurz darauf wieder zurücknahm. Er berief sich auf ein Sprachprob­lem – nämlich dass er das entscheide­nde Wort („in Auftrag geben“) nicht verstanden habe. Er selbst versichert­e in einem Interview der Regionalze­itung „Nice-Matin“Anfang des Jahres: „Ich bin unschuldig.“Die ganze Untersuchu­ng sei gegen ihn gerichtet gewesen. „Es ist alles getan worden, um mich schuldig zu machen.“

Diese Strategie sei lächerlich, sagte Thomas Giaccardi, Anwalt von Hélène Pastors Sohn, der Deutschen Presse-Agentur. Der frühere Honorarkon­sul verstehe perfekt Französisc­h: „Das wird aus allen Befragunge­n klar, er hat nie einen Übersetzer gebraucht. Er lebt seit 30 Jahren in Monaco.“

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FOTO: AFP Ein Tatverdäch­tigter wurde 2014 verhaftet.
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FOTO: DPA Der Sohn der Ermordeten gestern im Gericht.

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