Rückkehrer
Seinen letzten großen Auftritt hatte Gérard Collomb am 23. Juli. Da erschien der Innenminister vor dem Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung, um in der Prügelaffäre um den Leibwächter Alexandre Benalla auszusagen. Schon damals wirkte der 71Jährige müde und distanziert. „Ich wusste nicht, dass er der Sicherheitsberater des Präsidenten war“, sagte er vor den Parlamentariern über den Bodyguard, der am 1. Mai in Polizeiuniform auf Demonstranten eingeschlagen hatte. Collomb schien mit seiner Aussage auf Distanz zu Emmanuel Macron zu gehen. Das zeigte sich noch deutlicher nach den Sommerferien, als Collomb im Fernsehen die schlechten Umfragewerte des Staatschefs mit einem „Mangel an Demut“begründete.
Dabei hatte der frühere Sozialist monatelang für den Präsidenten die Eisen aus dem Feuer geholt. So verteidigte er sogar gegen den Widerstand aus den eigenen Reihen das neue Asylgesetz, das die Abschiebung der abgelehnten Bewerber beschleunigt. Collomb schwenkte für den Text auf eine Wortwahl um, die dem des Front National glich. Wie die Rechtspopulisten warnte er vor einer „Überschwemmung“Frankreichs durch Flüchtlinge. Auch wenn der bekennende Freimaurer kein Blatt vor den Mund nimmt, ist er rhetorisch schwach. Sogar seine Anhänger geben zu, dass es schwer ist, seinen monoton vorgetragenen Reden zu folgen. Zum Präsidenten hat die Nummer zwei der Regierung ein fast väterliches Verhältnis. Als Macron nach der Amtsübernahme seinen prominentesten Unterstützern die Hände schüttelte, kamen dem Politveteranen die Tränen.
Collomb war vor der Berufung ins Innenministerium 16 Jahre lang Bürgermeister der drittgrößten französischen Stadt Lyon. Er sagte der Zeitschrift „L'Express“, er wolle dort bei den Kommunalwahlen 2020 wieder in dieses Amt gewählt werden. Christine Longin