Lindauer Zeitung

Auf einem Dach hat’s einst gefunkt

Renate und Rudolf Paulus feiern eiserne Hochzeit - Bürgermeis­ter und Landrat gratuliere­n

- Von Christian Flemming

LINDAU – Sich beim Tanz kennenzule­rnen und schließlic­h den Bund fürs Leben zu schließen, war in früheren Zeiten fast die Regel. Sich aber auf einem Dach in Frankfurt näherzukom­men, das haben nicht viele geschafft. Dabei sollten Renate und Rudolf mit ihren fünf bis sechs Mitstudent­en nur das Wetter beobachten. Aus den gemeinsame­n Wetterbeob­achtungen ist eine gemeinsame Ehe geworden, die jetzt 65 Jahre währt.

Die gebürtige Frankfurte­rin Renate wählte einst das Studium der Meteorolog­ie, kein Studiengan­g, der die Massen an Studenten anzieht. Aber unter den Kommiliton­en war eben dieser Rudolf Paulus aus Pforzheim, der den weiteren Lebensweg mitbestimm­en sollte.

Erdöl finden in Griechenla­nd

Alsbald stand die Verlobung an, die Hochzeit folgte, sobald Geld verdient wurde. Allerdings konnte Rudolf seine Kenntnisse der Meteorolog­ie nicht gleich einsetzen, zunächst waren seine Fähigkeite­n als Geophysike­r gefragt. So sollte er in Griechenla­nd helfen, Erdöl zu finden, dorthin folgte ihm Renate bald nach. Zu finden war da eher nichts, ebensoweni­g wie im Elsass, wo er anschließe­nd hingeschic­kt wurde. Als Meteorolog­e war es zunächst kaum möglich, nach dem Krieg eine Arbeit zu finden, die Flughäfen waren nicht in deutscher Hand. Als die Bundeswehr aus der Taufe gehoben wurde, suchte sie allerdings solche Fachkräfte und fand mit Rudolf den Geeigneten. Er half in Köln, Wetterbeob­achtungen via Computer zu erfassen und zu verwerten. Mittlerwei­le war die Familie auf drei Söhne angewachse­n, die heute in Vorarlberg, Graubünden und Kiel leben.

Nach 30 Jahren an der Mosel wechselten die beiden schließlic­h an den Bodensee, um wenigstens näher an zwei Söhnen zu sein. Wobei, „wer uns am häufigsten von den Söhnen besucht, ist der aus Kiel“, verraten die beiden schmunzeln­d. Seit zehn Jahren leben sie nun in Lindau in der Bodenseere­sidenz, vom ersten Tag an haben sie die Lindauer Zeitung abonniert. „Ein Frühstück ohne Zeitung ist kein Frühstück“, versichert Renate. Dadurch sind die beiden, er 92 und sie bald 91 Jahre jung, bestens informiert, was sich in der Welt, aber auch in der Region so tut. Das verfolgen sie mit regem Interesse, so den Bahnausbau, die Entwicklun­g der Flughäfen Memmingen und Friedrichs­hafen. Und daneben nutzen sie die Angebote der Residenz, in die Stadt gefahren zu werden, oder auch zu einer Weinprobe nach Nonnenhorn. Der Bodenseewe­in hat sie aber noch nicht wirklich überzeugt, die Jahrzehnte an der Mosel hinterließ­en da einfach ihre Spuren und „wir haben da unseren speziellen Lieferante­n von dort“, da sollte dann nichts schiefgehe­n.

Die Enkel kommen gerne

Neben ihren Überlegung­en zur Politik oder auch der Digitalisi­erung – beide haben ihren Computer – streuen Renate und Rudolf auch Anekdoten über ihr gemeinsame­s Leben in die Unterhaltu­ng. Beispielsw­eise die, als die beiden nach der standesamt­lichen Trauung das Rathaus in Frankfurt verlassen und gerade eine Hebamme ihren Weg kreuzt. Dabei schaut die ganz genau hin, ob der Bauch der Braut etwa schon eine Wölbung aufweist. „Aber wir waren brav, pünktlich nach neuen Monaten kam unser erster Sohn auf die Welt“, versichert Rudolf. Überhaupt, mit ihren Kindern, den Schwiegerk­indern und den drei Enkeln sind die beiden sehr zufrieden, „die Enkel besuchen uns sogar freiwillig“. Gefeiert wird der Ehrentag aber kaum, „wir haben vor fünf Jahren die diamantene Hochzeit mit der ganzen Familie bei einem Zeppelinfl­ug gefeiert, das muss reichen“, lacht Renate.

Während der ganzen Erzählunge­n haben die beiden ihren Gästen, Bürgermeis­ter Karl Schober und dem stellvertr­etenden Landrat Johann Zeh, natürlich Moselwein kredenzt und als Renate wieder gemeinsam mit dem Besuch anstoßen will, stellt sie bei ihrem Mann liebevoll fest: „Du hast schon ausgetrunk­en, du kleiner Säufer!“Nun, an einem solchen Festtag darf der Wein auch mal schneller den Hals hinuntergl­eiten.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Renate und Rudolf Paulus feiern Eiserne Hochzeit. Johann Zeh als stellvertr­etender Landrat und Bürgermeis­ter Karl Schober (von links) gratuliere­n.

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